: Ganztags nur halbtags
Bildungsministerinnen von Bund und Land loben Offene Ganztagsgrundschule, Bildungsverband VBE kritisiert sie
DUISBURG taz ■ Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn und ihre NRW-Kollegin Ute Schäfer (beide SPD) zeigten sich gestern zufrieden mit der Verwirklichung des Ganztagsschul-Programms der Bundesregierung. „Städte, Gemeinden und nicht zuletzt die Schulen selbst arbeiten dabei hervorragend Hand in Hand“, sagte Bulmahn beim Besuch der bundesweit tausendsten Offenen Ganztagsschule in Duisburg-Walsum. Die vorgesehenen vier Milliarden Euro bis 2007 würden trotz der Sparzwänge unantastbar bleiben. „Die Ganztagsgrundschulebringt die große Bildungsreform voran“, sagten beide Politikerinnen im Einklang.
Doch gerade in Hinblick auf den Bildungsanspruch löst das vom Land gepushte Modell nicht nur Jubel aus: Die Abschaffung von Schulhorten und anderen Formen der Ganztagsschule zugunsten der Offenen Ganztagsgrundschule wird von Eltern und Bildungsexperten stark kritisiert. Die Kommunen seien zur Übernahme des Konzepts gezwungen worden. Der Verband für Bildung und Erziehung (VBE)spricht von einem Etikettenschwindel. „Die Offene Ganztagsgrundschule ist eine originäre Halbtagsschule mit einem nachmittäglichen Betreuungskonzept“, sagt NRW-Landesvorsitzende Udo Beckmann. Nicht zu verwechseln sei sie mit einer echten Ganztagsschule, in der ein über den Tag verteiltes ganzheitliches pädogogisches Konzept existiere. „Mit der neuen Schulform wird gespart“, sagt Beckmann. Statt 20 Prozent mehr Lehrerstellen wie bei den richtigen Ganztagsschulen bekäme die Offene nur 0,1 Prozent. Diese Stellen könnten zudem kapitalisiert werden. „Bei der Haushaltslage führt das dazu, dass die Kommunen das Geld anders verwenden“, so Beckmann. Der Preis dafür: Ehrenamtliche oder Honorarkräfte ohne pädagogische Ausbildung kümmern sich am Nachmittag um die Kleinen. Auch die Gruppen sind viel größer als in den Horten, kritisiert der VBE-Vorsitzende.
In NRW sollen zu den 235 Offenen Ganztagsgrundschulen weitere 700 dazu kommen. Einer der Schwerpunkte bildet das Ruhrgebiet: Dortmund hat im nächsten Schuljahr 39 Offene Ganztagsgrundschulen, Düsseldorf 34, Essen 17 und Duisburg 14, teilte das NRW-Bildungsministerium mit.
NATALIE WIESMANN