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Archiv-Artikel

Mitglieder entscheiden nicht

SPD-Delegierte wählten Milan Pein mit großer Mehrheit zum neuen Eimsbüttler Kreischef. Thomas Böwer scheitert mit Mitgliederbefragung. Der SPD droht derweil der Verlust ihres Wahlkreises

VON MARCO CARINI

Mit versteinerter Miene nahm Thomas Böwer das Ergebnis zur Kenntnis. Soeben hatten die im Kurt-Schuhmacher-Haus versammelten Eimsbüttler Delegierten sein Angebot, als neuer Eimsbüttler SPD-Chef den krisengeschüttelten Kreisverband wieder auf Kurs zu bringen, dankend abgelehnt. Böwer hatte seine Kandidatur an eine Befragung der Eimsbüttler SPD-Mitglieder gebunden, doch die Kreisdelegiertenversammlung erteilte einem solchen Basisvotum mit 50 zu 41 Stimmen eine klare Absage.

„Das war ein klarer Böwer-Verhinderungsbeschluss“, erklärten mehrere Delegierte hinter vorgehaltener Hand. Anschließend wählte die Versammlung den kommissarischen Kreischef Milan Pein mit satter 92-Prozent-Mehrheit zum neuen Vorsitzenden. Auch Pein hatte für eine Mitgliederbefragung geworben, da „nur diese breite Legitimation“ den neuen Kreischef mit der Autorität ausstatten würde, die nötig sei, um die Eimsbüttler SPD aus der Dauerkrise zu führen.

Im Gegensatz zu Böwer hatte Rechtsanwalt Pein jedoch seine Bereitschaft, den Krisen-Kreis zu führen, nicht von dem Basisvotum abhängig gemacht – und muss nun Gräben zuschütten. Seit die Eimsbüttler Delegierten im November überraschend nicht den Bundestagabgeordneten Niels Annen sondern Danial Ilkhanipour zum Kandidaten für die Bundestagswahl gekürt hatten, geht es in der Eimsbüttler SPD drunter und drüber.

Unter Führung des ehemaligen Niendorfer Distriktschefs Manfred Körner erhob am Samstag eine Handvoll Delegierter ihre Stimme gegen die Mitgliederbefragung. Die Satzung lege „eindeutig fest, dass die Kreisdelegierten den Kreischef wählen“, argumentierte Körner erst formal, um dann inhaltlich nachzulegen: „Wenn sich an der Befragung nur wenige Genossen beteiligen oder kein klares Ergebnis zustande kommt, wird das ein Konjunkturprogramm für alle Austrittswilligen.“

Doch hinter dem Votum steht ein taktischer Schachzug. Viele der Delegierten lehnen Böwer, der mit Alleingängen und als zu clownesk empfundenen öffentlichen Auftritten in der SPD mehrfach angeeckt war, als Kreischef ab. Anders als Pein steht er zudem für den Kurs, trotz aller Feindseligkeiten aktiv für den umstrittenen Kandidaten Ilkhanipour Wahlkampf zu machen.

Viele Eimsbüttler Genossen aber wollen einen reinen Zweitstimmenwahlkampf für Frank-Walter Steinmeier und die SPD machen, hoffen heimlich darauf, dass Ilkhanipour den Bundestag verfehlt. Den einfachen Mitgliedern aber ist der Bürgerschaftsabgeordnete Böwer bekannter als sein Kontrahent Pein, hätte bei ihnen deshalb eine bessere Chance gehabt. Auch deshalb würgten die Delegierten die Mitgliederbefragung ab.

Die Niederlage Böwers ist damit auch eine Niederlage Ilkhanipours, der von Milan Pein mehr Gegenwind zu befürchten hat. Ohnehin stehen Ilkhanipours Chancen auf ein Bundestagsmandat nicht gut. Nach einer Prognose des Wahlinformationsdienstes www.election.de hat CDU-Kandidat Rolf Kruse gute Chancen, als lachender Dritter aus dem Streit zwischen Ilkhanipour und Annen – die sich auf der Delegiertenkonferenz keines Blickes würdigten – hervorzugehen und der SPD den Wahlkreis erstmals abzunehmen. Laut election liegt Kruse mit 36 Prozent der Wählerstimmen derzeit vor Ilkhanipour (34 Prozent) und der grünen Bundespolitikerin Krista Sager (15 Prozent).

Während die personellen Querelen in der Eimsbüttler SPD damit weiterhin für Schlagzeilen sorgen dürften, brachten die Delegierten den Laden zumindest kommunalpolitisch auf Kurs und segneten das „rot-grüne Kernbündnis“ in der Bezirksversammlung ab. Da Rot-Grün aber erstmals seit Jahren die Mehrheit fehlt, verabschiedete das Kreisgremium zudem noch den Beschluss, „ein stabiles Bündnis unter Einbeziehung der Partei Die Linke herzustellen“.

Eines der Hauptanliegen der rot-rot-grünen Mehrheit: Die Verhinderung der Ansiedlung des Möbelhauses Höpfner in Eidelstedt. „Es gibt von niemand aus der Fraktion Zusagen an Höpfner, dass das Einrichtungscenter gebaut wird“, sagte SPD-Fraktionschef Rüdiger Rust.