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Freispruch für Weinrich gefordert

Verteidigung sieht im zweiten Mordprozess gegen Linksextremisten Weinrich keine Beweise für Verantwortung an Sprengstoffattentaten vor mehr als zwanzig Jahren

BERLIN rtr ■ Im zweiten Mordprozess gegen den Linksextremisten Johannes Weinrich hat die Verteidigung Freispruch gefordert. Es gebe keine Beweise, dass der 56-Jährige für drei Sprengstoffattentate in Frankreich vor mehr als 20 Jahren verantwortlich sei, erklärte die Verteidigung gestern vor dem Berliner Landgericht. Die Staatsanwaltschaft hatte bereits vor zwei Wochen lebenslange Haft wegen sechsfachen Mordes und Mordversuchs in 22 Fällen verlangt.

Weinrich soll als führendes Mitglied der internationalen Extremistengruppe um den in Frankreich inhaftierten Venezolaner Illich Ramírez Sánchez alias „Carlos“ im April 1982 in der Pariser Innenstadt einen Anschlag verübt haben, bei dem eine schwangere Passantin starb. Zudem war er der Anklage zufolge Hauptorganisator von Bombenanschlägen im Bahnhof von Marseille und in einem französischen Hochgeschwindigkeitszug. Bei den Attentaten waren am Silvestertag 1983 fünf Menschen getötet worden.

Vor vier Jahren wurde Weinrich bereits wegen des Bombenanschlags auf das französische Kulturzentrum „Maison de France“ in Berlin zu lebenslanger Haft verurteilt. Bei dem Anschlag waren 1983 ein Mensch getötet und mehr als 20 zum Teil schwer verletzt worden. In dem seit März 2003 laufenden Verfahren hat er bislang zu den Vorwürfen geschwiegen. Sein Verteidiger Bernd Häusler warf der Justiz vor, der Prozess sei kein rechtsstaatliches Verfahren. Die Anklage stütze sich unter anderem auf Vernehmungen eines arabischen Führungsmitgliedes der „Carlos“-Gruppe in Jordanien. Dabei sei nicht auszuschließen, dass die Aussagen durch Folter erpresst worden seien. Der Prozess wird morgen fortgesetzt. Der Termin für die Urteilsverkündung steht noch nicht fest.

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