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Archiv-Artikel

Seehausen droht der Tunnelstreit

Wird die Neuenlander Straße zur Autobahn ausgebaut oder bekommt die A 281 eine neue Trasse weiter südlich? Und wird Seehausen aufgerissen, um die Tunnelröhre von oben in den Weserschlick zu spülen? Die Entscheidungen fallen demnächst

taz ■ Die 76 Meter hohe Autobahnbrücke über ihren Stadtteil haben sie noch erfolgreich verhindert. „Tunnel statt Brücke“ heißt jetzt die Devise bei der geplanten Weserquerung der A 281 in Seehausen. Doch der nächste Autobahn-Streit dort ist schon abzusehen. Die Planer liebäugeln damit, den Tunnel nicht unter der Weser hindurch zu bohren, sondern ihn von oben in den Schlick einzuspülen. Ein gigantischer Graben quer durch den Stadtteil müsste dafür ausgehoben und geflutet werden, um darin die vorgefertigten Betonröhren zu versenken und wieder mit Sand zu bedecken – immer noch billiger, als sich unter Häusern und Fluss hindurchzubohren, preisen die Planer.

„Das Trogverfahren zerstört unser Dorf“, schimpft dagegen Hans Hermanns, Sprecher der Seehausener Bürgerinitiative. Er kündigt „massiven“ Widerstand gegen ein solches Vorhaben an. Jahrelang werde eine Schneise das Dorf teilen, einige Wohnhäuser müssten dem Graben weichen, kritisiert er. Und die stinkende Tunnelöffnung läge viel näher am Dorf als bei der Maulwurf-Variante. Spätestens im November soll die Entscheidung über Trasse und Technik fallen. „Man braucht da nichts beschönigen“, sagt ein Planer: „Seehausen wird in jedem Fall belastet.“

Für alle anderen Stadtteile aber behaupten Planer und Politiker genau das Gegenteil. „Entlastet“ werde durch die Autobahn etwa die Neustadt, wo auf der Neuenlander Straße heute im Schnitt 50.000 Autos rollen. Die A 281, prophezeit Chefplaner Heiko Gerken, werde hier „die Wohnqualität für die Anlieger erhöhen“. Selbst Anwohner, die die neue Autobahn, aufgebockt auf 4,5 Meter hohen Stelzen, quasi vor ihre Wohnzimmerfenster gesetzt bekommen, hätten auf eine Klage verzichtet, lobt Gerken – dank meterhoher Lärmschutzwände und nicht zuletzt „sehr viel Überzeugungsarbeit“ seitens der Planer.

Zwischen Neuenlander Ring und der Bahnlinie nach Delmenhorst haben die Vorarbeiten für die Neustadt-Autobahn bereits begonnen. Bagger planieren die künftige Trasse, reißen ab, was noch im Weg steht. Mehrere Betriebe müssen umsiedeln oder einen Teil ihrer Fläche abgeben, nicht alle sind einverstanden.

Unklar ist noch der Trassenverlauf zwischen Kattenturmer Heerstraße und Neuenlander Ring. Während der Bund bisher für einen Ausbau der Neuenlander Straße eintrat, würde die Stadt die Autobahn am liebsten südlich davon führen. Airbus hat einer Verlagerung seines Betriebsgeländes bereits zugestimmt, mit einem Spielzeugmarkt wird noch verhandelt. Bis Oktober soll auch hier die Entscheidung fallen, im Januar dann der Bau der Stelzen-Piste beginnen. Geplante Inbetriebnahme des Teilstücks zwischen Autobahnzubringer Arsten und Güterverkehrszentrum ist 2006.

Die Neuenlander Straße, so die Planer, könnte dann auf zwei Spuren zurückgebaut werden. Bausenator Jens Eckhoff (CDU), der die Baustellen gestern besichtigte, wollte sich dazu noch nicht festlegen. ARMIN SIMON