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Archiv-Artikel

Einblick (9)

LillevänVideokünstler

taz: Seit wann und warum leben Sie in Berlin?

Lillevän: Ich bin kurz vor der Wende nach Berlin gekommen und wollte eigentlich gleich weiterziehen. Ich war damals angewiedert von der Inaktivität der „Underground-Szenen“ in Westberlin und anderswo. Dann kam die Maueröffnung. Zum ersten Mal lernte ich Künstler aus dem ehemaligen Ostblock kennen. Diese neue, multinationale Szene und deren Vorgehens- und Produktionsweisen war sehr motivierend und inspirierend für mich. Täglich entstanden in besetzen Häusern neue Clubs, die mir viele Möglichkeiten boten. Die Miete war umsonst, das Telefonieren auch, und so entschied ich mich, länger zu bleiben.

Wie wichtig ist der Standort Berlin für Ihre Arbeit?

Nicht mehr so sehr. Berlin ist überhypet – „Nichtkreative“ verlassen die Stadt –, zu viel Agenturenvolk, ein Eventmanager nach dem anderen. Berlin ist eigentlich keine richtige Stadt mehr, sondern auf dem Weg, ein einziges Event zu werden. Wenn ich weniger unterwegs wäre, würde ich wahrscheinlich nicht mehr hier wohnen wollen. Trotzdem: An manchen Tagen kommt mir die Stadt immer noch laut und schmutzig vor. Und die Mieten sind billiger als in jeder anderen Stadt, in der ich sonst leben würde.

Woran arbeiten Sie gerade?

Die neue Rechenzentrum-Veröffentlichung „Director’s Cut“, eine einstündige DVD, erscheint Ende August. Danach stehen Performances in Russland, Kanada, Mexiko und Brasilien an. Des Weiteren arbeite ich mit dem Musiker Zeitblom an einer Installation/Performance zu den Theorien von David Bordwell. Es folgt eine „King Lear“-Aufführung mit dem japanischen Musiker Tetsuo Furudate.

Was wundert Sie in der Berliner Kunstlandschaft am meisten? Die Scheu der einzelnen Szenen voreinander und die damit verbundene Angst, im „falschen Kontext“ aufzutreten. Gegenseitige Unterstützung sehe ich hier weniger als in anderen Städten. Das ständige Jammern, obwohl Künster auch anderswo oft mehrere „nichtkünstlerische“ Jobs machen müssen, um ihre Miete zu zahlen, nervt.