: Maut-Milliarden nicht garantiert
Der neue Toll-Collect-Chef macht vieles besser. Verzögerungen schließt auch er nicht aus
BERLIN taz ■ Sie haben verstanden. Wie der Kanzler damals, als ihm zum ersten Mal die Wahlergebnisse das Leben schwer machten. Dass das alles nichts genützt hat und die SPD momentan mehr Zustimmung verliert als sie jemals verstehen kann, ist jetzt nicht wichtig. Denn hier geht es erst einmal nicht um die Regierung, sondern um die Lkw-Maut und Toll Collect. Der Name steht für das technische und kommunikative Desaster des vergangenen Jahres, das dem Image von „Made in Germany“ mächtige Schrammen verpasste.
Anders als die Bundesregierung hat Toll Collect personelle Konsequenzen gezogen. Der neue Mann an der Spitze heißt Christoph Bellmer, war früher bei der Telekom, neben DaimlerChrysler-Hauptanteilseigner von Toll Collect und ist seit gut drei Monaten im Amt. Nun stellt er sich den Fragen der Journalisten.
Keine Spur mehr von offenbar überforderten und unwissenden Managern. Smart, blond und braun gebrannt sitzt er da. Die PR-Strategie wird schnell deutlich klar: eine neue Bescheidenheit ist angesagt. Zwar redet auch Bellmer davon, dass das Toll-Collect-System „Weltklasse“ ist, aber „verborgene Weltklasse“. Auch er zeigt sich überzeugt, dass der anvisierte Starttermin 1. Januar klappt, und verweist auf erfolgreiche Tests. Aber dass eine Vielzahl von kleineren Problemen zu Verzögerungen führen könnte, das will Bellmer nicht ausschließen. Deshalb kann auch keine Garantie gegeben werden. Das nimmt man hin und vergisst leicht, dass der Bund im kommenden Jahr 3 Milliarden Euro Mauteinnahmen fest eingeplant hat.
Vielleicht liegt es an der „Transparenz“, um die sich Christoph Bellmer und sein Kommunikationsstab sichtlich bemühen. Der neue Chef scheut sich nicht zu sagen, dass es bis zu schwarzen Zahlen für Toll Collect noch „sehr lange dauern“ werde. Wie hoch die Kosten zur Zeit sind, denen keine Einnahmen gegenüberstehen, behält er dennoch für sich. Bellmers Auftrag ist die Misson Maut in Deutschland, nicht mehr und nicht weniger.
Der Mann zeigt, dass er seine Grenzen kennt. Seinen Kunden ist er auch schon begegnet. Beim Gespräch mit den Spediteursverbänden etwa. Die hatten letztes Jahr sogar ihre Mitglieder bei Klagen unterstützt, weil der sinnlose Einbau von funktionsunfähigen On-board-Units Zeit und Geld gekostet hat. Doch, doch, in den Äußerungen der Spediteure sei „noch Vergangenheit drin“, sagt der neue Mann. Gleichzeitig lobt er aber die „Super-Fairness“ in den Gesprächen.
Bei diesen Gelegenheiten musste Bellmer aber auch sagen, dass die Lkws noch mal in die Werkstatt müssen, um die Geräte austauschen zu lassen“. Einmal in diesem Jahr und für das Update OBU 2 noch mal im nächsten Jahr. Zur Besänftigung gibt es ein Bonusprogramm, bei dem der Austausch einer alten OBU gegen eine neue mit 250 Euro bezuschusst wird.
Und natürlich gibt es die Zusage, dass diesmal alles besser klappt. Unter den 800 Toll-Collect-Leuten herrscht nun nämlich die „Einmal Fehler mach“-Kultur, bei der Probleme nicht mehr unter den Tisch gekehrt werden, sondern darüber geredet wird. Bei aller Offenheit und Transparenz, Bellmer bleibt der Chef. Ein zweites Mal, so sagt er ganz ernst, sollte der gleiche Fehler nicht passieren.
STEPHAN KOSCH