: Schwarzer-Peter-Spiel um Lehrstellenmangel
Bildungsministerin Bulmahn wirft Unternehmern vor, zu wenig auszubilden. Mittelstand klagt über hohe Kosten
HANNOVER ap ■ Der Lehrstellenmangel ist in diesem Jahr nach Angaben von Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) noch gravierender geworden. Bei einer etwa gleich hohen Zahl von Schulabgängern seien derzeit 51.000 betriebliche Ausbildungsstellen weniger als 2002 gemeldet, sagte Bulmahn der Hannoverschen Neuen Presse.
„Die Situation ist kritischer als in den Vorjahren“, stellte Bulmahn fest. Allerdings sagten die aktuellen Zahlen noch nicht viel über das Ergebnis am Jahresende aus. Sie wies darauf hin, dass viele Betriebe ihre Lehrstellen erst später meldeten. Die Ministerin appellierte an die Wirtschaft, ihre Verantwortung zur Ausbildung wahrzunehmen. „Wenn nur ein Bruchteil der über 500.000 ausbildungsfähigen, aber tatsächlich nicht ausbildenden Unternehmen in Deutschland Ausbildungsplätze bereitstellen würde, hätten wir kein Ausbildungsproblem“, sagte Bulmahn.
Die Wirtschaft wehrt sich gegen die Vorwürfe. Ende September würden voraussichtlich nur noch 20.000 bis 30.000 Lehrstellen fehlen, prognostizierte der Präsident des Bundesverbands Mittelständische Wirtschaft, Mario Ohoven. „Das befürchtete Desaster ist ausgeblieben.“ Zugleich wandte er sich gegen eine Ausbildungsplatzabgabe. Der Mittelstand würde sich mit allen Mitteln dagegen wehren, kündigte er an. Die Vergütung der Lehrlinge sei in einigen Branchen zu hoch. Dies mache es gerade Kleinunternehmern fast unmöglich, Ausbildungsplätze anzubieten. Die durchschnittlich 65.000 Euro für jeden Ausbildungsplatz seien eine schwere Last für den Mittelstand, der 80 Prozent aller Lehrstellen bereitstelle, klagte Ohoven.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) wies die Forderung von Arbeitgeberpräsident Hundt nach einer Kürzung der Lehrlingslöhne scharf zurück. Sie sei ein Hohn für die 30 Prozent der Firmen, die bereits jetzt ausbildeten, und für all jene Jugendlichen, „die teilweise für 200 Euro monatlich mit viel Engagement in die Betriebe gehen“, sagte DGB-Vorstandsmitglied Ingrid Sehrbrock der Berliner Zeitung.