: Keine Beweise für Geldzahlungen an Nierenspender
Anderthalb Jahre untersuchte die Essener Staatsanwaltschaft. Jetzt stellte sie das Ermittlungsverfahren wegen Verdachts des Organhandels ein
Das Transplantationszentrum in Essen hat einen guten Ruf – auch in Israel: Über zwanzig Israelis reisten bis Ende 2001 in die Ruhrmetropole, um sich dort Körperteile gesunder Spender übertragen zu lassen. Essens Cheftransplanteur ist Professor Christoph E. Broelsch, der nebenher auch an der Jerusalemer Hadassah-Universitätsklinik lehrt.
Drei Nierenverpflanzungen kamen der Essener Staatsanwaltschaft verdächtig vor; sie untersuchte, ob die israelischen Organempfänger verbotenerweise Geld an die „Spender“ aus Moldawien und der Ukraine sowie an einen Vermittler aus Israel gezahlt haben.
Ende Juni, nach eineinhalbjährigen Ermittlungen, gaben die Strafverfolger bekannt: „Das Verfahren ist nun mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt worden.“ Begründung: „Konkrete Beweise“ für Geldzahlungen hätten sich in keinem der untersuchten Fälle ergeben. Gegen die operierenden Ärzte sei nicht ermittelt worden. „Diese hatten“, schreibt die Staatsanwaltschaft, „nach den ihnen bekannten Umständen keine Hinweise auf einen illegalen Organhandel vorliegen.“
Diverse Anhaltspunkte hatte im Dezember 2002 Die Zeit ausgebreitet. In einem Dossier, das Strukturen, Opfer und Profiteure des internationalen Organhandels beleuchtete, hieß es: „Nach der Statistik des israelischen Krankenkassen-Managers Rosenfeld wurden in den vergangenen zwei Jahren sieben gekaufte Nieren in Deutschland transplantiert, alle in Essen.“ Ob sich diese Aussage auf die drei überprüften Fälle bezieht, ist unklar: Die Essener Staatsanwaltschaft sagt, sie habe keinen Anlass gesehen, Alfred Rosenfeld zu vernehmen.
Wie schwierig die Arbeit der Strafverfolger sein kann, zeigt ein weiterer Ermittlungsfall, der ebenfalls eingestellt wurde. Im November 2001 erschienen ein israelischer Nierenpatient und ein spendewilliger Mann aus Moldawien im Transplantationszentrum Essen. Gutachter der Universität lehnten die gewünschte Operation jedoch ab; sie bezweifelten, dass die Männer verwandt seien und zwischen ihnen jene enge emotionale Bindung bestehe, die das deutsche Transplantationsgesetz verlangt.
Beide wussten sich zu helfen: Sie fuhren einfach nach Jena weiter. Dort hatte die – damals noch provisorische – Thüringer Lebendspendekommission keine Einwände. Anfang Dezember 2001 wurde im Jenaer Klinikum eine Niere des Moldawiers in den Körper des Israeli übertragen, wobei einer der Operateure eigens aus Essen angereist war: Professor Broelsch.
„Der Hintergrund dieser Transplantation“, räumt die Essener Staatsanwaltschaft ein, „konnte nicht aufgeklärt werden.“ Begründung: „Weder die Ermittlungen nach dem Aufenthaltsort des moldawischen Spenders waren erfolgreich, noch haben sich Hinweise auf die Person eines – unbekannt gebliebenen – Organhändlers ergeben.“
Zu alldem konnte der israelische Organempfänger nicht mehr befragt werden: Wenige Wochen nach der Transplantation ist er in seiner Heimat gestorben. KLAUS-PETER GÖLITZER