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Archiv-Artikel

Eine umstrittene Reform

Die SPD wehrt sich gegen die geplante Abschaffung der Bezirksregierungen in Niedersachsen. Die Pläne von Innenminister Schünemann (CDU) seien „unausgegoren“

Hannover taz ■ Verwaltungsreform – „nicht so ein heißes Thema“, räumte Ex-Innenminister Heiner Bartling (SPD) gleich zu Anfang seiner Pressekonferenz gestern ein. Das dürften die rund 1.000 Bediensteten in den niedersächsischen Bezirksregierungen, die nach dem Willen von Innenminister Uwe Schünemann (CDU) komplett abgeschafft werden sollen, anders sehen. Weil die zwischen Ministerien und Kreisen gelagerten Bezirksregierungen zu teuer und zu bürokratisch seien, will die schwarz-gelbe Landesregierung bis Ende 2004 ein Konzept vorlegen, wie die „Mittelinstanzen“ eingespart werden können – als Teil eines Planes, der Niedersachsen um 6.000 Bedienstete schröpfen soll.

In den betroffenen Ämtern gehen Angst und Wut um, räumt man selbst bei der CDU ein. Bartling zitierte einen Brief der Braunschweiger Industrie- und Handelskammer, nach dem der Kontakt zu „mit den örtlichen Gegebenheiten vertrauten Gesprächspartnern mehr als wichtig“ sei. Aus SPD-Sicht sei das Reformprojekt „unausgegoren“, sagte Bartling. Zwar halte auch die SPD eine Verschlankung der Verwaltung für erforderlich. Doch könne das Flächenland Niedersachsen nicht komplett auf die Verwaltungseinheiten verzichten.

Wie wichtig die Bezirksregierungen seien, habe sich beim Elbe-Hochwasser vergangenes Jahr gezeigt, als die lokalen Experten gute Arbeit geleistet hätten. Durch das Aufsplitten der Landesverwaltung drohten nun die Einrichtung räumlich und organisatorisch getrennter Sonderbehörden. Damit verbunden: Reibungsverluste. Das Herauslösen der Polizeizuständigkeiten aus der Bezirksregierung hätte unter Ex-CDU-Ministerpräsident Ernst Albrecht „nicht stattgefunden“, sagte Bartling. „Dass die Castor-Einsätze bis hin zum Bundesverfassungsgericht Bestand hatten, hat mit der guten Zusammenarbeit zwischen Bezirksregierung und Polizei zu tun.“

Dass die Auflösung der Bezirksregierungen aus Spargründen sinnvoll sei, habe Innenminister Schünemann bis heute nicht belegt. Bartling: „Die Landesregierung ist eine Gefangene ihrer Sprüche vor der Wahl“

Kai Schöneberg