: Klagenlawine rollt auf Senat zu
Bereits das dritte Eilverfahren zwingt den Senat zum Weiterzahlen für Berliner Sozialwohnungen. Wowereit: „Wir sollten den Zahlungsstopp dennoch durchboxen“
Immer mehr Wohnungseigentümer wollen klagen, wenn der Senat seine Haltung nicht ändert. Seit vergangenem Freitag haben bereits zwei weitere Unternehmen Erfolg mit ihrer Klage gegen den vom Senat beschlossenen Stopp der Anschlussförderung im sozialen Wohnungsbau gehabt. Allein aus ihrem Verband, dem Landesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen, seien gegenwärtig 24 Verfahren anhängig, sagte Geschäftsführerin Hiltrud Sprungala. Von den 24 seien die meisten im Eilverfahren, manche aber auch im Hauptverfahren anhängig. Vom Verband der Berlin-Brandenburgischen Wohnungsunternehmen liegen weitere vier Klagen bei den Verwaltungsgerichten. Bislang haben die Gerichte dem Senat in allen drei Fällen die rote Karte gezeigt.
Die Berliner Landesregierung hatte im Februar einen sofortigen Stopp der Förderung im sozialen Wohnungsbau beschlossen. Investoren und Eigentümer, die zwischen 1987 und 1997 gebaut haben, erhalten bereits rückwirkend zum 1. Januar 2003 keine staatlichen Subventionen mehr. Insgesamt sind in Berlin damit die Mieter der rund 25.000 Sozialwohnungen von drastischen Preiserhöhungen betroffen. Der rot-rote Senat erhofft sich von diesem Schritt langfristige Einsparungen in Höhe von rund 2 Milliarden Euro.
Im „Sommergespräch“ mit TV.Berlin sagte der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) gestern Abend, dass „wir ja leider in Berlin in den letzten 30 Jahren das teuerste System kreiert haben, dass es im Förderwesen des sozialen Wohnungsbaus gibt“. Deshalb sei es zum Senatsbeschluss gekommen, nach 15 Förderjahren auszusteigen. Auf die Frage, wie der Senat mit den Schlappen vor Gericht umgehen wolle, sagte Wowereit: „Ich denke wir sollten das durchboxen.“
Bausenator Peter Strieder (SPD) hatte den Zahlungsstopp zuvor wiederholt kritisiert und für einen sanften Ausstieg aus der Förderung plädiert. Vergangene Woche, als das Urteil des Oberverwaltungsgerichts erfolgte, forderte er erneut gütliche Verhandlungen mit den Wohnungsunternehmen. Wowereit betonte hingegen, dass „sich die Mehrheit im Senat entschieden hat, einen radikalen Schnitt zu machen“. „Ich kann die Bedenken von Peter Strieder verstehen“, sagte Wowereit, „aber da sind politische Entscheidungen getroffen worden mit den Koalitionsfraktionen“, blieb der Regierende hart. Eine von der CDU im Alleingang beantragte Ausschusssitzung zum Thema kommt vorerst nicht zustande. Grund: zu wenige Stimmen. Die grünen Oppositionskollegen waren von den Christdemokraten gar nicht erst gefragt worden.
„Wir sehen uns beflügelt, unser Recht weiter einzuklagen“, meint dazu Sprungala. Die Chancen der Wohnungsunternehmen in den anstehenden Eilverfahren sieht sie positiv. „Ich wüsste nicht, was das OVG an anderen Argumenten sehen könnte, um hinter die schon getroffenen Eilentscheidungen zurückzufallen.“ ADRIENNE WOLTERSDORF