„Stahlgewitter“ auf CD

Rechtsrock- und Skinhead-Bands planen Verteilung eines Samplers an Schulen in Nordniedersachsen. Sogar dem Verfassungsschutz ist das nicht geheuer

hamburg taz ■ „Wir grüßen euch. Es ist schön, dass ihr euch Zeit nehmt, um diese CD anzuhören“, tönt eine autoritäre Stimme, unterlegt mit leiser klassischer Musik, zur Eröffnung. Dann wettert der Sprecher der CD „Anpassung ist Freiheit – Lieder aus dem Untergrund“ gegen Schulen als „Sammelbecken für jugendliche Schwerkriminelle“, lobt das „Fremde in der Fremde“ und schimpft darüber hinaus über die angebliche „antideutsche Geschichtsschreibung, die an allen Schulen gelehrt wird und nur Deutsche als Täter sieht“. An die 250.000 CDs dieses Samplers plant ein Netzwerk von militanten Neonazis und aggressiven Rechtsrockern vor Schulen und auf öffentlichen Plätzen kostenlos an Kinder und Jugendliche zu verteilen.

Im Norden der Republik scheint die konspirative Kooperation von 56 Freien Kameradschaften, Naziskinheadgruppen, Musiklabels und Versänden die konzertierte Aktion vor allem in den Kleinstädten Verden und Rotenburg im Bremer Umland durchführen zu wollen. Das kündigte das konspirative Netzwerk an, das auch vom „V7 Versand“ aus Halstenbek in Schleswig-Holstein unterstützt wird. Die CD, auf der 20 Rechtsrockbands wie die niedersächsischen Rechtsrocker „Stahlgewitter“ und „Nordfront“ mitwirken, enthält denn auch weiteres Propagandamaterial und eine Link-Liste, um Jugendlichen „ein bisschen“ von ihrem „Wollen“ zu vermitteln.

Mittlerweile bestätigt der niedersächsische Verfassungsschutz (VS): „Das ist eine Aktion von gewaltbereiten Freien Nationalisten, offensichtlich von der NPD unterstützt.“ Strafrechtlich seien die Lieder auf der CD jedoch nicht indiziert. Die Zahl von Skinhead-Bands in Niedersachsen habe sich innerhalb eines Jahres „auf etwa zwölf verdoppelt“, so VS-Sprecherin Marion Brandenburger. Im Bundesland gebe es etwa 450 organisierte Neonazis und weitere „etwa 1.000 gewaltbereite Rechtsextremisten“. Über das Kultusministerium sprach der VS nun eine Warnung vor dem multimedialen Sampler an alle Schulen aus.

In Bremen handeln derweil die Schüler. Die GesamtschülerInnenvertretung (GSV) der Hansestadt erinnert an Schulverteilungen der Nazipostille „Der Rebell“, in der für getrennte Klassen von „Deutschen“ und „Ausländern“ geworben wird. Die GSV fordert jetzt, die Rechten „konsequent von der Schule“ zu verweisen. In den Schulen selbst, betont Lea Voigt vom GSV, „muss eine Diskussion über Rassismus und Faschismus möglich sein“.Andreas Speit