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Archiv-Artikel

„Es gab weitere Fälle“

Der Bundestagsabgeordnete der Grünen, Anton Hofreiter, meint, dass auch Verkehrsminister Tiefensee seinen Hut nehmen müsse

ANTON HOFREITER, 39, ist Bundestagsabgeordneter der Grünen und Mitglied des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung.

taz: Herr Hofreiter, Sie haben offenbar keine Angst vor den Anwälten der Bahn.

Anton Hofreiter: Warum sollte ich?

Weil sie einem internen Protokoll über die Rasterfahndung der Bahn auf ihrer Homepage Asyl anbieten. Und das, nachdem die Bahn den Blogger Markus Beckedahl deswegen abgemahnt hat.

Erstens genieße ich bis zu einem gewissen Grade Immunität. Und zweitens soll Herr Mehdorn ruhig mal probieren, einen Abgeordneten in so einem Fall abzumahnen. Das wird sein Renommee nicht verbessern.

Aber es handelt sich schon um ein internes Papier, das dem Verkehrsausschuss des Bundestages zu Verfügung gestellt wurde.

So intern ist das auch nicht mehr, schließlich kann man vieles davon in Zeitungen und im Internet lesen. Und außerdem sollen sich die Menschen doch mal ihr eigenes Bild über den Umgang der Bahnführung mit ihren Mitarbeitern machen.

Sie haben sich Ihr Bild gemacht?

Wir wissen ja schon länger, dass bei der Bahn so einiges im Argen liegt. Und es ist schon interessant zu lesen, dass selbst die schlimmsten Befürchtungen noch übertroffen werden. Zumal dieses Dokument ja nur einen kleinen Ausschnitt zeigt.

Es geht also nicht nur um die neun Schnüffelaktionen, die in dem besagten Protokoll stehen?

Nach allem, was wir wissen, geht es um 43 solcher Aufträge, die die Bahn vergeben hat. Wobei es unklar ist, ob die alle über die Firma Network Deutschland oder auch über Subunternehmer abgewickelt wurden.

Wir müssen uns also darauf einstellen, dass noch weitere Skandale bekannt werden?

Es gab auf jeden Fall noch weitere Aufträge, über die noch nichts bekannt ist.

Und wenn Bahn-Chef Hartmut Mehdorn auch hier mit Abmahnungen droht?

Die ganze Aktion ist doch nur peinlich für ihn. Er soll sich darauf konzentrieren, dass die ganze Sache aufgeklärt wird, sich bei seinen Mitarbeitern ausdrücklich entschuldigen – und dann seinen Hut nehmen.

Wann wird Mehdorn gehen? Offenbar ist auch der Verkehrsminister ziemlich verärgert.

Der hat ja auch noch eine Rechnung offen und könnte durch einen Mehdorn-Rücktritt Profil gewinnen. Aber im Prinzip trägt er als Minister doch die politische Verantwortung für die Vorgänge.

Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee sollte also gleich mit Mehdorn zurücktreten?

Ach ja, eigentlich sollten sie beide gehen. INTERVIEW: STEPHAN KOSCH