: Faule Kredite in Billionenhöhe
Noch immer ist unklar, wie viele faule Kredite die Banken noch abschreiben müssen
Auf der Tagesordnung der Regierung steht nicht nur die mögliche Verstaatlichung der Hypo Real Estate – auch andere Banken kriseln. Es könnte sein, dass beim Rettungsschirm noch deutlich nachgebessert werden muss. Doch auch bei diesem Thema gab es am Mittwoch keine Einigung im Kanzleramt. Erst „in einigen Wochen“ sei mit Entscheidungen zu rechnen, hieß es.
Bisher ist der Rettungsschirm für die deutschen Banken insgesamt mit 480 Milliarden Euro ausgestattet. Davon sind 400 Milliarden für Bürgschaften vorgesehen und 70 Milliarden als direkte Kapitalhilfen. Weitere 10 Milliarden stehen bereit, um toxische Wertpapiere aufzukaufen. Dieser Topf ist bisher noch bei weitem nicht ausgeschöpft. Doch das ist nur kurzfristig eine Beruhigung, denn der Abschreibungsbedarf bei den deutschen Banken könnte deutlich höher sein.
Allein bei den 20 größten deutschen Banken hat die Finanzaufsicht BaFin festgestellt, dass sie auf faulen Wertpapieren in Höhe von rund 300 Milliarden Euro säßen. Davon sei aber erst ein Viertel abgeschrieben. Darüber, wie hoch die nötigen Wertberichtigungen bei allen deutschen Banken sind, gibt es nur wilde Schätzungen. Im schlimmsten Fall reichen bis sie zu 1 Billion Euro.
Kürzlich hat der Internationale Währungsfonds (IWF) versucht zu ermitteln, wie hoch der Abschreibungsbedarf sein könnte, der auf die internationalen Banken zukommt. 2,2 Billionen Dollar lautete da die Schätzung. Allerdings hat der IWF nur US-Kredite berücksichtigt und „verbriefte Wertpapiere“ – also jene seltsamen Konstruktionen, in denen Schrotthypotheken so lange neu gebündelt und umetikettiert wurden, bis sie die höchste Bonitätsnote erhielten.
Inzwischen sind jedoch auch ganz normale Kredite gefährdet, weil sich die Finanz- zu einer Wirtschaftskrise ausgeweitet hat. Der IWF bildet also das Desaster nicht vollständig ab. Trotzdem ist die neue Schätzung aufschlussreich, denn sie zeigt, wie rasant sich die Lage der Banken verschlechtert: Noch im November war der Internationale Währungsfonds davon ausgegangen, dass nur 1,4 Billionen Dollar abgeschrieben werden müssten.
Abschreibungen sind für die Banken deswegen so bedrohlich, weil dann ihr Eigenkapital schmilzt – und sie recht bald insolvent sein können. Der IWF nimmt an, dass sich bei den Banken in Europa und den USA noch eine Kapitallücke von mindestens 500 Milliarden Dollar auftun wird. In allen Ländern wird also der Staat immer mehr zum Eigentümer der Banken werden, denn es ist nicht davon auszugehen, dass man an den Börsen private Aktionäre finden kann, die bereit sind, das Eigenkapital von maroden Banken aufzustocken.
Die deutsche Politik wird an Verstaatlichungen kaum vorbeikommen. Die konkrete Lösung ist ungewiss, nur eines steht schon fest: Eine zentrale „Bad Bank“ wird es nicht geben. Die Verstaatlichung wird also nicht so aussehen, dass die privaten Banken ihre faulen Wertpapiere beim Staat abladen. UH