Dauergrinsen gegen Bush

Demokratischer US-Präsidentschaftsbewerber John Kerry nominiert seinen einstigen Rivalen, den charismatischen und populären Senator John Edwards aus North Carolina, als Vizekandidaten

BERLIN taz ■ US-Senator John Edwards wird Vizepräsidentschaftskandidat der Demokraten bei den Wahlen am 2. November. Das gab Spitzenkandidat John Kerry gestern bei einem Wahlkampfauftritt in Pittsburgh, Pennsylvania, bekannt. Eine echte Überraschung war die Entscheidung nicht: Edwards war der von allen Medien und in allen Umfragen unter demokratischen Wählern meistgenannte Wunschkandidat für dieses Amt gewesen.

Der Senator aus North Carolina, der erst seit einer Amtsperiode im US-Senat sitzt und sein Millionenvermögen als Rechtsanwalt verdient hatte, war der schärfste Konkurrent Kerrys bei den demokratischen Vorwahlen im Frühjahr gewesen. Ihm werden Volksnähe und Charisma nachgesagt, außerdem kommt er aus dem Süden, was nach Ansicht der Wahlkampfstrategen geografisch die Chancen des demokratischen Tickets unter Führung des Neuengländers John Kerry erhöhen soll. Edwards hatte bald nach seinem Ausscheiden aus dem Vorwahlkampf Kerry unterstützt und seine außerordentlichen rhetorischen Fähigkeiten in den Dienst der Kerry-Kampagne gestellt – eine Taktik, die sich jetzt offenbar auszahlte.

In den allerhöchsten Tönen lobte John Kerry bei seiner Rede die Vorzüge seines „Running Mate“. Edwards verfüge über Klugheit, Bildung, Glauben und Gewissen, er verstehe die US-amerikanischen Werte und werde mit ihm gemeinsam darum kämpfen, dass Amerika wieder Amerika werde, nicht ein Land der Spaltung zwischen Reichen und Armen, sondern ein Land für alle. Der Kampf gehe um gut bezahlte Jobs, um eine Gesundheitsversorgung, die nicht ein Privileg sei, sondern zugänglich für alle, und um Fairness. Niemals werde er junge US-Amerikaner aussenden, ihr Leben zu riskieren, ohne dem Land die Wahrheit zu sagen, sagte Kerry.

Gerade noch rechtzeitig ist es der Kerry-Kampagne gelungen, unter den verschiedenen Vordrucken die richtigen Wahlkampfschilder unters Volk zu bringen. Bis eine Stunde vor Veranstaltungsbeginn hatte Kerry seine Entscheidung geheim gehalten. In knapp drei Wochen werden Kerry und Edwards bei dem demokratischen Nominierungsparteitag in Boston offiziell zu Kandidaten ernannt werden. Bis dahin werden ihre Gegner aus dem Bush-Wahlkampfteam nichts unversucht lassen, um die Qualifikation des 51-jährigen Edwards infrage zu stellen.

BERND PICKERT

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