Aufklärung ist teure Pflicht

Die Zukunft der Aids-Beratung der Stadt Köln ist gefährdet, weil die CDU noch keine Finanzzusagen für 2005 geben will. Dabei suchen jedes Jahr mehr Menschen die Sprechstunde am Neumarkt auf

VON Frank Überall

Über die Zukunft der städtischen Aids-Bekämpfung ist im Kölner Stadtrat ein Parteienstreit ausgebrochen. Seit dem Jahr 2001 bietet ein Stadtarzt mit seinem Team Beratungsleistungen beim Gesundheitsamt an. Der Zuspruch ist größer denn je – und trotzdem ist unklar, ob diese Dienste ab Januar nächsten Jahres überhaupt noch zur Verfügung stehen. Die CDU will sich finanziell nicht festlegen.

„Wir wissen noch gar nicht, wie der Haushalt für das kommende Jahr aussehen wird“, sagte CDU-Ratsherr Jung im Gesundheitsausschuss. Deshalb könne man der von der Verwaltung vorgeschlagenen Umwandlung in feste Personalstellen nicht zustimmen. Amtschef Jan Leidel machte aber klar, dass die neuerliche Verlängerung von Zeitverträgen für das betroffene medizinische Personal problematisch sein könne: „Ich kann die Fortführung der Arbeit unter diesen Bedingungen nicht unbedingt sicher stellen.“ Dabei ist die Aids-Beratung eine gesetzliche Pflicht.

Grünen-Politiker Arif Ünal bezeichnete es deshalb auch als „fachlich klar, dass das sicherzustellen ist“. Spätestens in der letzten Ratssitzung am 20. Juli müsse darüber entschieden werden, am besten aber schon bei der Sitzung des Finanzausschusses zwei Tage vorher.

Die Verwaltung hatte in ihrem Konzept bereits den Rotstift angesetzt. Gab es bisher drei volle Stellen für die Aids-Beratung, so sollen es künftig nur noch zweieinhalb sein. Neben Aids werden in der Beratungsstelle auch andere sexuell übertragbare Erkrankungen behandelt. In die Sprechstunden kommen jedes Jahr mehr Menschen – alleine in 2004 waren es fast 2.000. Die Besucher sind vor allem Patienten, die öffentliche Hilfe tatsächlich nötig haben. Nach Auskunft des Gesundheitsamtes haben sie oft eine unzureichende oder gar keine Krankenversicherung. Da sie sich in einer schwierigen Lebenssituation befänden und ungewöhnliche Sexualpraktiken pflegten, sei die „Schamschwelle“ besonders hoch. Deshalb gingen die meisten von ihnen auch nicht in „normale“ Arztpraxen.

Ein wichtiges Angebot der Fachleute ist zum Beispiel das Angebot anonymer HIV-Antikörpertests. Diese Proben sind kostenlos und gehen mit einer ausführlichen Beratung einher. Seit Ende der 80er Jahre werden sie angeboten, und die Annahme steigt ständig an. Waren es 1999 in Köln nur 1.723 Patienten, die sich auf den Virus anonym testen ließen, verdoppelte sich die Zahl fast auf jetzt weit über 3.000. Die Wartezeiten für solche Testtermine sind nach Angaben der Stadtverwaltung enorm.

Darüber hinaus bietet die gefährdete Beratungsstelle der Stadt Präventionsangebote für spezielle Gruppen an. So werden Prostituierte besucht, wozu unter anderem auch die Betreuung am offiziellen Straßenstrich in der Geestemünder Straße gehört. Bei Jugendlichen kümmern sich die Fachleute vor allem um Schulabbrecherinnen und Mädchen in anderen schwierigen Situationen. Mit Vorträgen und anderen Veranstaltungen sorgen die Experten vom Gesundheitsamt zudem dafür, dass die Auseinandersetzung mit dem oft verdrängten Thema der sexuellen Erkrankungen gefördert wird.

Beratungsstelle zu sexuell übertragbaren Erkrankungen einschließlich Aids, Neumarkt 15-21 (Zimmer 131), Tel: 221-24602http://www.stadt-koeln.de/aemter/53/533/04/index.html