: Der Club der hellen Köpfe
Ob Mathematiker, Informatikerin oder Grundschullehrerin – in dem Verein „HighQ“ treffen sich seit zehn Jahren hochbegabte BerlinerInnen. Organisiert plaudern sie über Hundezucht und kämpfen gegen „Klugscheißer“-Vorurteile
Manchmal kommt es nur aus Trotz zum Test. Verena Birkenschenkel weiß seit der Grundschule, dass sie besonders schlau ist. Ein Lehrer wollte ihr den Wechsel aufs Gymnasium verweigern, die Mutter ärgerte sich und schleppte ihr Kind zum Intelligenztest – mit herausragendem Ergebnis. Heute ist Birkenschenkel Mitglied im Verein HighQ. Seit 10 Jahren treffen sich hier Berliner Hochbegabte mal privat, mal in der Kneipe. Alle gehören zu den 2 Prozent der Bevölkerung mit einem Intelligenzquotienten ab 130.
Wie hoch genau, darüber wird vornehm geschwiegen. Vereinsvorsitzende Elisabeth Heckel sagt: „Bei uns wird nicht um Punkte gefeilscht, wir sind alle 130 plus.“ Gegen Vorurteile wie „Die kann nicht mal einen Eimer Wasser ausschütten“ wehren sich die Vereinsmitglieder: „Hochbegabte müssen keine praktischen Deppen sein“, sagt Heckel. Die Grundschullehrerin weiß, dass besonders intelligente Kinder nicht automatisch in der Schule auffallen oder etwa keine Freunde finden. Sie setzt sich für eine integrierte Förderung an der Regelschule ein: „Die Kinder sollten nicht gebremst werden, wenn sie weiter sind als andere. Sie können durch Extrakurse gefördert werden.“
Viele HighQ-Mitglieder teilen die Erfahrung, im Alltag als Außenseiter und „Klugscheißer“ zu gelten – so haben sie auch ihre Vereinszeitschrift genannt. Verena Birkenschenkel fühlt sich im Verein wohl, weil sie hier so ernst genommen wird, wie sie sich das immer gewünscht hat.
Auch Louis von Wunsch-Rolshoven sagt, dass er hier mit Gleichgesinnten diskutieren kann – in einer Tiefe, bei der andere oft die Lust verlieren. Der Mathematiker hat viele Interessen, will Sprachen sprechen und die Welt verstehen. Zu Vorträgen und beim Vereinsstammtisch trifft er Leute, mit denen er Themen von Sonnenflecken über Hundezucht bis EDV diskutieren kann. Das gehe auch in anderen Gruppen, aber Neugier und eine hohe Denkgeschwindigkeit seien allen im Verein gemeinsam.
Nicht immer nutzt der hohe IQ für den Job. Verena Birkenschenkel ärgert, dass viele Personalchefs Hochbegabung gar nicht interessiert. Die Fremdsprachensekretärin ist seit 2001 arbeitslos. „Für die bin ich erst mal dick – und nicht schlau. Das Äußere zählt oft mehr“, sagt sie.
Vereinsmitglied Elisabeth Schmidt sagt scherzhaft, dass sie als „vergeudete Humanressource“ gilt. Die Informatikerin ist Hausfrau und Mutter von drei Kindern. Ihre Intelligenz setzt sie im Alltag und für die Schule ihrer Kinder ein. Aber auch Schulversagen gehört zum Leben eines Hochbegabten. Wunsch-Rolshoven erläutert, dass viele erst begreifen müssen, dass ihnen nicht immer alles zufliegt und sie auch richtig lernen müssen. Vorsitzende Heckel ergänzt: „Als Günther Jauch über den Fernseher die Intelligenz der Zuschauer testete, da haben wir uns richtig anstrengen müssen.“
VERENA HEYDENREICH
Mehr Infos über den Verein gibt es unter www.highq-ev.de