Linke Wahlalternative : Charme allein reicht nicht
Es hat einfach Charme. Menschen wie du und ich wollen nicht länger nur die Faust in der Tasche ballen. Mögen nicht länger ihren Frust in sich hineinfressen über eine Politik, die sie für falsch halten. Wollen eine Alternative bieten, zu den etablierten Parteien und zum resignierten Nichtwählen.
KOMMENTAR VON STEFAN ALBERTI
Dieser Charme lässt darüber hinwegsehen, dass vieles noch unklar ist mit diesem Linksbündnis, das eine Partei werden soll. Weder sind die Köpfe klar noch die genaue Ausrichtung. Diese Unorganisiertheit hat zugegebenermaßen etwas für sich. Da entwickelt sich was, da kommen Ideen zueinander, da liegt kein betoniertes Konzept vor. Direkten Zeitdruck gibt es nicht. Die nächsten Wahlen zu Abgeordnetenhaus und Bundestag sind regulär erst 2006. Selbst Neuwahlen nach einem erfolgreichen Volksbegehren gäbe es frühestens Mitte nächsten Jahres.
Mittelfristig aber wird der Charme dieses „Avanti dilettanti“ verfliegen, muss sich auch die neue Bewegung gut organisieren. In einer auf knappe Aussagen fixierten Mediengesellschaft, in der Differenzierungen untergehen, wird sie klare Botschaften formulieren müssen. Für oder gegen das Volksbegehren, für oder gegen Regierungsbeteiligung. Und sie wird auch sagen müssen, wie ein anderer Senatskurs zu bezahlen ist.
Genauso wichtig ist, dass sich diejenigen, die mitreden wollten, die sich engagiert und die Sache zum Laufen gebracht haben, nicht zur Seite drängen lassen. Nichts kommt alteingesessenen Randfiguren im Politbetrieb mehr gelegen als eine neue Bewegung als Massenvehikel. Setzen sich trotzkistische Sektierer oder abgehalfterte Gewerkschaftsfunktionäre an die Spitze, ist es vorbei mit der so charmanten Idee der Bürgerbewegung von unten. Und das wäre schade.