: Ein Ende auf Raten?
Beobachter fürchten das Auslaufen kommunaler Arbeitsförderung. Arbeitsmarktforscher Paul Schröder liefert hierfür die Zahlen. Keiner der Politiker bekennt sich dazu, aber konkret Gegenteiliges wird auch – noch – nicht gesagt
BREMEN taz ■ In Bremen wird es Ende des Jahres so wenige Beschäftigungsmaßnahmen wie seit 20 Jahren nicht mehr geben: nämlich nur noch rund 1.500. Das aber wäre „der niedrigste Stand seit 1982“, erklärt Arbeitsmarktforscher Paul Schröder vom Institut Arbeit und Jugend. Rund die Hälfte davon sind dann noch so genannte BSHG-19-Stellen – Jobs, die nach Paragraph 19 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) für Sozialhilfeempfänger als Einstieg in die Erwerbsarbeit gedacht sind. Von dieser Sorte Stellen gibt es im Jahresdurchschnitt zwar 962 – was ganz im Schnitt vergangener Jahre liegt. Weil aber anders als ursprünglich verabredet nicht jeden Monat 75 dieser Stellen bewilligt werden, sondern in den ersten Monaten des Jahres zu viele und folglich in der zweiten Jahreshälfte umso weniger, sind es am Schluss, im Dezember 2003, die von Schröder ausgerechneten 750.
Die zweite Hälfte der 1.500 aus dem Sozialhaushalt der Kommune geförderten Stellen sind Arbeitsbeschaffungs- und Strukturanpassungsmaßnahmen. Auch ihre Zahl wurde in den vergangenen Jahren massiv reduziert. Die von Schröder zusammengestellten Zahlen drücken aus, was viele befürchten: das absehbare Ende öffentlich geförderter Beschäftigung.
Offiziell soll damit keineswegs Schluss sein. Aber Konkretes ist – noch – nicht zu hören. In den jetzt vorgelegten „Eckpunkten“ der rot-grünen Koalition in Berlin „für ein Drittes und Viertes Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“, kurz: Hartz III und IV, ist lediglich der Rahmen des neuen Arbeitslosengeldes II dargestellt, das künftig Langzeitarbeitslose und Sozialhilfeempfänger bekommen werden: Es zahlt der Bund, die Bundesanstalt für Arbeit verwaltet. In deren Zuständigkeit fallen damit auch die erwerbsfähigen Sozialhilfeempfänger, um die sich bisher die Kommunen kümmern mussten.
Das entlastet Städte und Gemeinden erheblich – was aber aus deren bisheriger Beschäftigungsförderung wird, bleibt unklar. Im Bundespapier ist nur von der „erfolgreichen Beschäftigungspolitik der Kommunen“ die Rede, von „fruchtbarer Zusammenarbeit“ mit der Bundesanstalt für Arbeit und einer „dauerhaften Beteiligung der Kommunen“. Erneuter Anlass für die Organisatoren kommunaler Arbeitsförderung, Alarm zu schlagen.
Mit einer sechsseitigen Stellungnahme warnte jüngst die Bundesarbeitsgemeinschaft Arbeit (bag Arbeit) vor den Folgen der Lücken im Berliner Papier. Die bag Arbeit ist der bundesweite Zusammenschluss der so genannten arbeitsmarktpolitischen Dienstleister, vulgo: Beschäftigungsträger. Dazu zählt auch der Verband Bremer Beschäftigungsträger (VBB), der schon mehrfach vor den Folgen eines Endes kommunaler Arbeitsförderung gewarnt hat (taz berichtete).
Es werde nicht deutlich, kritisiert die bag Arbeit, „dass öffentlich geförderte Beschäftigung nicht nur Ersatz für den allgemeinen Arbeitsmarkt, sondern insbesondere eine außerordentlich wirksame Methode ist, Langzeitarbeitslose durch ein reales Arbeitsumfeld, begleitet von umfangreichen Qualifizierungsangeboten und professioneller Unterstützung für die Anforderungen des allgemeinen Arbeitsmarktes fit zu machen.“ Diese Zielgruppe „darf nicht ausgegrenzt werden, vielmehr muss sie besonders intensiv gefördert werden, um der Gefahr sozialer Ausgrenzung entgegenzuwirken.“
Bremer PolitikerInnen haben zwar nie anderes gesagt. Sowohl Arbeits- und Sozialsenatorin Karin Röpke (SPD) als auch ihr Staatsrat Arnold Knigge haben mehrfach bestätigt, dass auch nach dem Ende des BSHG-19-Programms eine kommunale Beschäftigungsförderung fortgesetzt werde. Konkretes liegt aber nicht vor: Es gelte die Formulierung im Koalitionsvertrag, heißt es aus Röpkes Ressort. Dort steht: „Für arbeitslose Menschen mit hohen Vermittlungshemmnissen, für die eine Integration in den ersten Arbeitsmarkt erst nach zusätzlicher sozialer und beruflicher Stabilisierung möglich ist, sind sozialintegrative, niedrigschwellige Beschäftigungsmöglichkeiten zu entwickeln und in sozialen Brennpunkten vorzuhalten.“
Das ist die Theorie. Zur Praxis lasse sich nichts sagen, heißt es aus dem Ressort, solange nicht die Ausgestaltung von Hartz III und IV konkretisiert und beschlossen sei. Da schließt sich der Kreis. Susanne Gieffers