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Archiv-Artikel

Opel-Bosse bauen Drohkulisse auf

Um mindestens zehn Prozent sollen die Produktionskosten im Opel-Werk Bochum sinken, fordert der Vorstandschef beim Presse-Event. Die IG Metall fühlt sich durch die öffentliche Drohung erpresst, offizielle Verhandlungen gibt es nicht

BOCHUM taz ■ Der Bochumer IG-Metall-Geschäftsführer Ludger Hinse hat es gestern im Radio gehört. „Der Standort Bochum ist Opel zu teuer“, er sei „nicht wettbewerbsfähig“ und man könne keine Garantie mehr für dessen Erhalt geben. Gesagt hat das der Präsident von General Motors Europe Carl-Peter Forster, als er zusammen mit Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Peer Steinbrück für die Medien das Bochumer Opel-Werk besichtigte. Mit Hinse hat bis jetzt niemand über diese neuen Vorbehalte gesprochen. Und der Betriebsratsvorsitzende Dietmar Hahn wusste nichtmals, dass hoher Besuch im Haus war.

Dabei hatte Carl-Peter Forster der Öffentlichkeit sogar noch Konkreteres zu sagen: „Die Kosten pro Auto müssen im zweistelligen Bereich gesenkt werden“, zum Beispiel. Und dass ein möglicher Weg dahin längere Arbeitszeiten sein. „Anders als über Personalkosten kann eine solche Summe auch nicht eingespart werden“, sagt Ludger Hinse. „Aber bislang werden Tarifverträge auch noch nicht auf Medienveranstaltungen gemacht – und mit uns ist noch niemand von General Motors oder der Opel AG in Kontakt getreten.“

Der Gewerkschafter macht sich deshalb „nicht wirklich Sorgen um den Standort Bochum“: „Die können ja auch rechnen: Das Werk in Bochum ist zu hundert Prozent ausgelastet und der Opel Astra verkauft sich allem Anschein nach hervorragend. Warum sollte ausgerechnet dieses deutsche Werk geschlossen werden?“

Unter den Opel-Arbeitern geht jetzt trotzdem wieder die Angst um. Schließlich hat General Motors erst Ende Juni angekündigt, einen Teil der Produktion für den Nachfolger des Vans Zafira von Bochum ins polnischen Werk Gliwice zu verlagern. „Diese Entscheidung zeigt, welches Thema bei General Motors eigentlich zur Debatte steht: Die Zukunft des gesamten Produktionsstandortes Deutschland steht offenbar auf dem Prüfstand“ analysiert Opel-Gesamtsbetriebsratsvorsitzender Klaus Franz. Dabei ist Bochum bei der Ostverlagerung noch ganz gut weggekommen: Statt des Zafiras werden hier jetzt Teile für den Opel Astra hergestellt – anders als in Deutschlands modernstem Opelwerk in Rüsselheims stehen in der Ruhrstadt keine Fließbänder still.

„Nach dem Auftritt sind aber all die alten Ängste wieder da“, gibt auch der selbstbewusste Bochumer Gewerkschafter Hinse zu. „Mit den Löhnen im Osten können unsere Arbeiter auf keinen Fall konkurrieren – natürlich fürchten sie sich vor der Arbeitslosigkeit.“ Mit dieser Angst spielt der Konzern, findet Hinse. „Offensichtlich will Opel mit solchen öffentlichen Auftritten Druck erzeugen, damit die Arbeitnehmer und ihre Vertreter bei der nächsten Verhandlung gefügiger sind.“

Ende Juni hatten sich die Arbeitnehmervertreter erfolgreich gegen die vom Chef des Bochumer Opelwerks ins Spiel gebrachte Arbeitszeitverlängerung von 35 auf 38 Stunden gewehrt. „Die hätte den Standort Bochum auch mehrere hundert Arbeitsplätze gekostet“, sagt Ludger Hinse. „Jetzt wird dieses Thema offenbar erst einmal hinter unserem Rücken auf die Agenda gesetzt.“ Man sei aber bereit, über alles Mögliche zu verhandeln – nur eben nicht mittels Medien. „Es kann ja wohl nicht sein, dass ich aus zweiter Hand erfahre, dass General Motors die Produktionskosten in Bochum irgendwie senken will“, sagt der Gewerkschafter. Der Betriebsratsvorsitzende Dietmar Hahn kündigte indes an, auch über verlängerte Arbeitszeiten zu verhandeln, „wenn es um die Sicherung von Arbeitsplätzen geht.“

MIRIAM BUNJES