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Archiv-Artikel

Chef der Kliniken will „Erbhöfe aufbrechen“

Vor sechs Monaten wurden die Krankenhäuser privatisiert, jetzt werden die medizinischen Bereiche zusammengelegt

Von eib

Bremen taz ■ Die Rede von „Synergie-Effekten“ könne er selbst kaum mehr hören, gesteht Wolfgang Tissen, Chef der neu gegründeten gemeinnützigen Gesellschaft „Gesundheit Nord – Klinikverbund“. Und doch sind die Synergie-Effekte genau das, wofür er steht. Vor sechs Monaten waren die vier ehemals städtischen Zentralkrankenhäuser unter dem Dach der Gesundheit Nord zusammengefasst worden, begleitet von Protesten der Angestellten, die um Arbeitsplätze und die Qualität der Versorgung fürchten, wenn Leistungen zentralisiert oder in Privatfirmen ausgelagert werden.

Ängste und Sorgen spielten beim gestrigen Halbjahres-Empfang aber keine Rolle. Dabei könnte es eine erste Veränderung im medizinischen Bereich schon in den nächsten vier Wochen geben, sagte Tissen. Genaueres könne er erst mitteilen, wenn sich Arbeitnehmervertreter und Geschäftsführung geeinigt hätten. Das „Puzzleteil“, von dem der Holding-Chef spricht, könne nur die Verlagerung der „Stroke-Unit“ für Schlaganfallpatienten vom Klinikum Ost zum Klinikum Mitte sein, sagt Thomas Hollnagel, gleichzeitig Vorsitzender des Betriebsrats Klinikum Mitte und des Gesamtkonzerns. Er halte diese Maßnahme für sinnvoll, weil in Mitte das „Kopf-Zentrum“ entstehen soll. In diesem würden alle Fachbereiche zusammen arbeiten, die sich mit der Gesundheit des menschlichen Kopfes beschäftigen. „Patienten müssen dann nicht mehr von einem zum nächsten rennen, sondern können an einem Ort durchgecheckt werden“, preist Tissen das Projekt an. Auch die derzeit in Ost angesiedelte Frührehabilition für schwer Hirngeschädigte solle in diesem Zentrum unterkommen.

Dass Mitte auf Kosten der anderen drei Kliniken ausgebaut wird, weisen sowohl der Betriebsrat als auch Tissen weit von sich. Allerdings steht schon fest, dass in Mitte zukünftig für Links der Weser mit gekocht wird, dort werden nur noch kalte Mahlzeiten zubereitet und das gelieferte Essen aufgewärmt. Links der Weser soll dafür nach Tissens Vorstellungen zu einem Herz-Zentrum entwickelt werden. Um eine „Verschiebung der Leistungsbereiche“ komme niemand herum, so Tissen. „Gewisse Erbhöfe aufbrechen“ nennt er das. Dazu gehöre, dass es weniger Chefärzte geben wird. „Die Bereiche können auch häuserübergreifend geleitet werden.“

Zu den Sorgen des Personals sagt Tissen: „Es wird keine betriebsbedingten Kündigungen geben.“ Jedenfalls nicht bis 2006, präzisiert der Betriebsrat Hollnagel, so lange gelte der Tarifvertrag. Allerdings geht er ebenfalls davon aus, dass es dazu nicht kommen wird. Personal könne man auch auf andere Weise sparen: Durch ausgegliederte Betriebe und dadurch, dass bereits jetzt zehn bis fünfzehn Prozent aller Beschäftigten nur Zeitverträge haben. eib