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Archiv-Artikel

Zweitverwertung

Das ZDF hat in Serien und Shows Schleichwerbung betrieben. Gestern gelobte Intendant Markus Schächter Besserung – blieb dabei aber unklar

AUS BERLIN KLAUS RAAB

Die Hauptnachrichtensendung „heute“ geht weiter online, aber das T geht nicht mehr so penetrant mit. Diese Woche wurde vom ZDF bekannt gegeben, dass die Kooperation des öffentlich-rechtlichen Senders mit T-Online vom Jahr 2005 an nicht verlängert wird. In den Nachrichtenprogrammen des ZDF verschwindet dann die Einblendung der Webadresse heute.t-online.de. Bezüglich der Einblendung des Namens des Internetanbieters und auch in anderen Fällen war der Vorwurf der Schleichwerbung und Wettbewerbsverzerrung laut geworden. Es ist also ein weiterer Schritt in die geforderte Richtung, den das ZDF da gestern ging. Der Verband Privater Rundfunk und Telekommunikation, der wegen privatwirtschaftlicher Betätigungen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bei der EU-Kommission Beschwerde eingereicht hatte, begrüßte den Schritt ebenso wie der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger und das ZDF-Kontrollorgan, der Fernsehrat, dessen Vorsitzender Ruprecht Polenz gestern einstimmig für zwei weitere Jahre bestätigt wurde.

Immer wieder hatte es zuletzt öffentliche Aufregung über Kommerzialisierungstendenzen im ZDF gegeben. Im Herbst beschloss man die ersten Maßnahmen. Damals wurden „Kooperationen“ mit Pharmaunternehmen aufgegeben. Das Wort Kooperationen wird senderintern benutzt. Ein Fragesteller verwendete in der gestrigen Pressekonferenz des Senders weniger beschönigend das Wort Product-Placement.

Das ZDF hat, nach der Kritik, die ihm von Medienverbänden und politischen Vertretern der Länder entgegenschlug, also Konsequenzen gezogen. Intendant Markus Schächter fasste sie zusammen: Die so genannten Kooperationen mit Dritten werden reduziert. Das betrifft Gewinnspiele und die Zusammenarbeit mit Partnern, etwa mit dem Hersteller käferartiger Autos oder Biermarken. In Abspännen von Sendungen, die mit Dritten zusammenarbeiten, werden diese Partner in Zukunft genannt: Transparenz wolle man schaffen, so Schächter. 0190er-Telefonnummern werden, wie schon im März beschlossen worden war, gar nicht mehr benutzt – ein klares Wort. In anderen Fällen jedoch wurde Schächter nicht konkret. Er wolle zwar künftig, wie er vor den Mitgliedern des Fernsehrats ankündigte, „jeglichem Verdacht einer schleichenden Selbstkommerzialisierung wirkungsvoll entgegentreten“. Ende September wird er eine Selbstverpflichtungserklärung für das ZDF unterzeichnen, an deren Inhalten sich der Sender messen lassen müsse. Was darin stehen wird, wird aber erst noch erarbeitet. Und was die Kooperationen betrifft, ließ der Intendant einiges vermissen, was über Lippenbekenntnisse hinausgeht: Es werde zwar keine Kooperationen mehr im fiktionalen Bereich geben. Drehbücher der Serie „Sabine!“ etwa waren im Sinn des Partners Deutsche Post geschrieben worden. „Beistellungen“, so Schächter, seien aber möglich, wobei er auf die Zustimmung des Fernsehrats in diesem Punkt verwies. Thomas Gottschalk zum Beispiel wird in „Wetten, dass …?“ „in dieser Form“ keine Handys mehr in die Kamera halten – aber in anderer Form? Unklar blieb auch das Maß der Reduktion der Kooperationen. Ein Drittel weniger werde das ZDF daraus einnehmen – ob sich das auf die von der Süddeutschen Zeitung ermittelten 20 Millionen Euro 2003 bezieht, beantwortete Schächter auch auf Nachfrage nicht.