„Die Bundesregierung schweigt einfach“

Eine verschärfte Ozonrichtlinie der EU wird nicht fristgerecht in nationales Recht umgesetzt, kritisiert die Klimaexpertin Gabriela von Goerne

taz: Frau von Goerne, stimmt es, dass Greenpeace gerne das 1999 ausgelaufene Ozongesetz Angela Merkels wiederhätte, das Fahrverbote vorsah?

Gabriela von Goerne: Es ist löblich, dass es überhaupt ein Gesetz gab. Aber wir hätten natürlich gern ein viel schärferes Ozongesetz gesehen.

Die EU hat 2002 eine Ozonrichtlinie verabschiedet, die nicht fristgemäß zum 9. 9. in nationales Recht umgesetzt wird. Woran hapert es?

Daran, dass die Bundesregierung zu langsam ist und den Bundesrat erst nach dem Ende der Umsetzungsfrist mit dem Thema befasst. Die EU-Umweltkommissarin Margot Wallström hat vor einem halben Jahr eine Mahnung geschickt: Deutschland soll zum Einsatz von Stoffen, die zu einem Abbau der Ozonschicht führen, Stellung nehmen. Die Bundesregierung schweigt einfach.

SPD und Grüne haben seinerzeit als Opposition das Merkel’sche Gesetz kritisiert. Wieso hat Rot-Grün nun nichts unternommen?

Umweltminister Trittin hat im März 1999 einen Vorschlag zur Novellierung des Sommersmoggesetzes gemacht, aber dann ist es offensichtlich in den Mühlen der Bürokratie versandet und bis jetzt nicht umgesetzt worden.

Seither hat man ja auch vom Thema Ozon nur wenig gehört.

Eine Zeit lang war das so, dass wir nicht die hohen Ozonwerte wie in diesem Sommer hatten. Das liegt aber am Klima. Die Hochdruckgebiete, die sich hier festgesetzt haben, begünstigen die Ozonbildung.

Das heißt, der heiße Sommer in diesem Jahr kommt gerade recht, um die Umsetzung der Ozonrichtlinie in Deutschland zu fördern. Wäre denn damit alles in Butter?

Nein. Die Schwellenwerte sind noch zu hoch. Wir haben 1999 ein Zweistufenkonzept vorgeschlagen: Bei Konzentrationen von mehr als 120 Mikrogramm – und da liegen wir schon viel niedriger als die EU-Richtlinie – haben wir Fahrverbote für alle Pkw ohne Katalysator gefordert. Heute haben viele Autos Gott sei Dank Kat, aber die ganzen Motorräder fahren immer noch ohne.

Das Umweltbundesamt meint, dass Fahrverbote nichts bringen.

Wir glauben, dass sie sinnvoll sind. Sie haben einen erzieherischen Effekt, indem sie den Autofahrern das Problem bewusst machen. Diskutiert werden auch Tempolimits, die jedoch auf deutschen Autobahnen selten eingehalten werden. Da muss man schon zu stärkeren Maßnahmen greifen. Ein Fahrverbot würde Deutschland auch helfen, seinen Pflichten bei der Verringerung der Kohlendioxidemission nachzukommen.

Ein Fahrverbot also mehr als erzieherische Maßnahme, aber nicht, weil es direkt dazu beitragen würde, die Ozonkonzentration zu verringern?

Ein lokales Fahrverbot wäre nicht sinnvoll, weil das Ozon vom Wind weitertransportiert wird. Man müsste über größere Gebiete ein Fahrverbot verhängen, schlimmstenfalls bundesweit.INTERVIEW: GERNOT KNÖDLER