: Endlich mal Platz zum Tanzen
Nur knapp 10.000 Teilnehmer feierten beim Love-Parade-Ersatz „Fight the Power“ auf dem Kurfürstendamm. Zum politischen Pendant, dem „Music Day“, kamen noch viel, viel weniger
VON OLIVER TRENKAMP
Regelmäßig stattfindende Veranstaltungen werden gerade in Berlin schnell als „Institution“ bezeichnet: der Christopher Street Day, der Marathon, der 1. Mai und früher eben auch die Love Parade. Zum Status „Institution“ gehören ständig wiederkehrende Rituale. Die Organisatoren der Love Parade inszenierten im Vorfeld immer gern einen Streit mit dem Senat darüber, wer die Müllentsorgung bezahlt. Dieses Jahr fehlte dem Technospektakel das Geld. Daher fanden nur zwei schwach besuchte Ersatzveranstaltungen statt.
Unter dem Motto „Fight the Power – Clubculture versus Ignorance“ feierten etwa 10.000 Teilnehmer auf dem Ku’damm und demonstrierten damit offiziell für die Wiedereinführung des Musikumzugs. Der Erfinder der Parade, Dr. Motte, sagte unter lautem Jubel der Partygänger: „Wir wollen 2005 wieder eine Love Parade in Berlin.“ Bei leichtem Nieselregen, wummernden Bässen und standesgemäß leicht bekleidet feierten die Techno-Anhänger exzessiv.
Zur gleichen Zeit demonstrierten beim „Music Day“ an der Siegessäule etwa 500 Teilnehmer gegen den „Ausverkauf der Musik“, wie die Organisatoren sagten. Der Protest richtete sich gegen die Vorherrschaft großer Plattenfirmen. Im Vorfeld hatte der „Music Day“ mit harten Auflagen der Versammlungsbehörde zu kämpfen. So mussten Musik und Reden im Verhältnis eins zu eins stehen. Dr. Motte hatte die „Music Day“-Macher als „Trittbrettfahrer“ bezeichnet.
Im Sommer 2003 waren noch etwa 500.000 Menschen zur Love Parade gekommen. Sie fand dieses Jahr zum ersten Mal seit 1989 nicht statt. Damals waren gerade mal 150 Menschen über den Ku’damm gezogen. Formal war das eine politische Demonstration.
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