: „Da sollte sich der Gesetzgeber raushalten“
Wer das Geld verdient, entscheiden die Familien intern, nicht der Staat und nicht die Unternehmen, sagt Carlotta Köster von der BDA
taz: Frau Köster, 6,5 Prozent der Unternehmen haben sich um Gleichstellungsmaßnahmen bemüht. Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände hat in der Vereinbarung mit der Regierung versprochen, sich für Gleichstellung einzusetzen. Schämen Sie sich jetzt für dieses Ergebnis?
Carlotta Köster: Diese Zahl ist wenig aussagekräftig. Sie besagt, dass nur 6,5 Prozent der Unternehmen eine schriftliche Vereinbarung über Gleichstellung abgeschlossen haben. Viel wichtiger ist aber, dass gerade in kleinen und mittelständischen Betrieben direkte Lösungen gefunden werden. Das hat nur keine „pompösen“ Namen und wird oft nicht schriftlich festgehalten.
Das heißt, man ist vom Wohlwollen seines Chefs abhängig, weil man sich nicht auf eine Vereinbarung berufen kann.
Sie unterstellen, dass die Unternehmen kein Interesse an Gleichstellung haben. Das Gegenteil ist häufig der Fall. Wir sollten für ein gesichertes Urteil die Bilanz der Vereinbarung, die Ende des Jahres vorliegen soll, abwarten. Da ist viel passiert.
Was ist denn da genau passiert?
Es gab viele Symposien und Fachtagungen zu dem Thema. Dort wird vermittelt, dass nicht zuletzt die demografischen Veränderungen dazu führen, dass die Wünsche der Frauen im Erwerbsleben berücksichtigt werden müssen.
Um Bildungsarbeit bemüht sich ja die Regierung auch schon sehr lange – ohne dass sich viel ändert. Was ist Ihrer Ansicht nach der Grund dafür?
Da werden – oftmals zu Recht – finanzielle und bürokratischen Hemmnisse genannt: die Zuzahlungen beim Mutterschutz oder der Anspruch auf Teilzeit in der Elternzeit etwa.
Das Recht auf Teilzeit ist ein Hemmnis für flexible Arbeitszeiten? Klingt apart.
Der Arbeitgeber müsste etwa eine zweite Kraft suchen, die auch Teilzeit arbeiten will. Frauen nehmen das viel öfter in Anspruch als Männer, deshalb stellt man sie lieber gar nicht erst ein.
Das Teilzeitgesetz ist keine familienfreundliche Maßnahme?
Wir wollen, dass sich beide Seiten in den Betrieben zusammensetzen und sich ein Modell überlegen. Wer aber einen Rechtsanspruch hat, der setzt ihn einfach durch – und der Unternehmer hat das Nachsehen.
Der Unternehmer ist ohne Rechtsanspruch allerdings oft nicht zum Entgegenkommen bereit.
Schon vor dem In-Kraft-Treten des Rechtsanspruchs auf Teilzeit hatten wir eine gute Entwicklung. Rund jede fünfte Stelle war damals schon eine Teilzeitstelle. Flexible Arbeitszeitmodelle sind eine ideale Lösung, auch für die Unternehmen.
Das dürfte ein anderer Begriff von Flexibilität sein. Aber damit, dass Mütter auf Teilzeitstellen sitzen, erhöhen Sie den Anteil der Frauen in den Führungspositionen ohnehin nicht. Deutschland steht international schlecht da.
Das liegt daran, dass andere Länder oft den Begriff „Führungsposition“ sehr weit fassen. Wir sind natürlich noch nicht Spitze, aber die Frauen hier sind so gut qualifiziert. Ihr Anteil in Führungspositionen wächst.
Die sind schon ziemlich lange gut qualifiziert. Nur wenn sie Kinder bekommen, ist Essig mit der Karriere.
Um diese Entweder-oder-Position zu entschärfen, fordert die Wirtschaft seit langem den Ausbau einer flächendeckenden und flexiblen ganztägigen Kinderbetreuung.
Sie sind doch selbst Mutter, Sie wissen doch, dass es mit einer Kita noch nicht getan ist. Die Väter müssten wohl auch mal etwas Zeit erübrigen.
Die Aufteilung der Familienarbeit wird innerhalb der Familie gelöst, da sollten sich der Gesetzgeber und die Unternehmen nicht einmischen.
Väter, die etwa Elternzeit nehmen wollen, sagen oft: Mein Chef schickt mich sofort zum Mond, wenn ich das anmelde.
Wir thematisieren das auch. Unsere Erfahrung ist aber, dass die Paare meist selbst vereinbaren, dass die Frau kürzer tritt. Das müssen wir akzeptieren.
INTERVIEW: HEIDE OESTREICH