piwik no script img

Archiv-Artikel

Hausfrau Rüttgers ärgert Bauarbeiter Kuhn

Die Grünen kritisieren den Auftritt von CDU-Chef Rüttgers in einer Doku-Soap – und vergessen ihren Ex-Vorsitzenden

DÜSSELDORF taz ■ Jürgen Rüttgers mäht den Rasen, hütet die Kinder und kocht Tortellini. Den PR-Auftritt des CDU-Landeschefs in der ZDF-Doku-Soap „3 Tage Leben“ können die rot-grünen WahlkämpferInnen nicht gut heißen. „Schön, dass sich Rüttgers im Alter von 53 Jahren und nach 20 Jahren Politikerkarriere mal drei Tage ins wirkliche Leben traut“, spottet Oliver Keymis, medienpolitischer Sprecher der Grünen. Die Vorstellung, Politiker und Politikerinnen seien vom normalen Leben abgeschnitten, sei total lächerlich. „Dieser Rollentausch ist einfach überflüssig und peinlich.“

Dabei profitiert die grüne Partei selbst von der Personality-Show: Der Bundestagsabgeordnete und Ex-Parteivorsitzende Fritz Kuhn testete das Leben als Bauarbeiter aus. Er schuftete drei Tage lang für eine Straßenbaumeisterei in den neuen Bundesländern. Die SPD schickt Niedersachsens SPD-Fraktionschef Sigmar Gabriel ins Fernsehen, er fuhr als Sozialarbeiter mit Kindern aus Problemfamilien in einen Nationalpark. „Das hatte ich vorher schon einmal gelesen“, sagt Keymis jetzt. Aber es müsse unterschieden werden, Kuhn sei ja nur ein einfacher Abgeordneter. „Rüttgers hingegen schickt sich an, Ministerpräsident zu werden.“ Trotzdem wollen die NRW-Grünen ihren ehemaligen Vorsitzenden bearbeiten: Gerade sei Kuhn leider im Urlaub, aber er werde mit Sicherheit einen Anruf bekommen. „Natürlich trifft ihn dieselbe Kritik.“

Die Grünen-Schelte ging der CDU zu weit. In einer Pressemitteilung hatte Keymis zusammen mit dem medienpolitischen Sprecher der SPD, Marc Jan Eumann, Rüttgers als privaten Pascha dargestellt. Rüttgers hätte die Erfahrung als Familienvater ja auch zuhause machen können, heißt es da, aber da sei wohl wieder mal die Mama gefragt. „Papa macht sowas nur fürs Fernsehen.“

Dieser Vorwurf sei menschlich unanständig, sagt ein CDU-Sprecher. Es sei zwar Wahlkampf und die Christdemokraten säßen mit Sicherheit „auch nicht im Waisenhaus“, aber es gebe Grenzen. „Bei der Familie muss der politische Kampf aufhören.“

Ob Kuhn seinen Auftritt in der Sendung noch verhindern kann, ist allerdings fraglich. Schon Anfang Juli wurde gedreht, im August will das ZDF die dreiteilige Doku-Soap mit Rüttgers, Gabriel und eben Kuhn senden. Angeblich hat CDU-Chefin Angela Merkel ihren Auftritt an Rüttgers verschenkt, weil in NRW Landtagswahlen anstehen und der CDU-Kandidat noch zu unbekannt ist. ANNIKA JOERES