: SPD bremst Korruptionsgesetz
Das Korruptionsbekämpfungsgesetz soll überarbeitet werden: SPD-Justizminister Gerhards hat „verfassungsrechtliche Bedenken“, seine Fraktion sorgt sich um sachkundige Bürger. Grüne entsetzt
VON ANDREAS WYPUTTA
Wenige Stunden vor seiner Vorstellung hat die SPD im nordrhein-westfälischen Landtag den Entwurf des neuen Korruptionsbekämpfungsgesetzes zurückgezogen. Während die Absage offiziell mit „Terminschwierigkeiten“ begründet wurde, räumt SPD-Fraktionsvize Frank Baranowski eine mangelnde Abstimmung ein: Die Fraktion habe den Entwurf gestern zum ersten Mal gesehen – und Bedenken vorgebracht. Kritik kommt auch aus dem Justizministerium: „Bestimmte Passagen bergen ein hohes verfassungsrechtliches Risiko“, so Justizminister Wolfgang Gerhards (SPD) zur taz.
Innenpolitiker der Koalitionsfraktionen wollen ihre Initiative aber notfalls auch gegen den Widerstand des Kabinetts durchdrücken: „Wir gehen weiter davon aus, dass wir den Gesetzentwurf noch vor den Sommerferien einbringen und dass die erste Lesung im September stattfinden kann“, betont Monika Düker, innenpolitische Sprecherin der Grünen – ursprünglich hatte Rot-Grün das Korruptionsbekämpfungsgesetz als schnelle Antwort auf die millionenschweren Müll- und Parteispendenskandale in Köln, Wuppertal, Oberhausen und Aachen geplant. Doch der jetzige Entwurf, der der taz vorliegt, geht nicht nur Justizminister Gerhards zu weit: Teile der Fraktion monieren besonders Regelungen, nach denen auf kommunaler Ebene neben Ratsmitgliedern auch sachkundige Bürger als „Amtsträger“ ihre „wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse“ offen legen müssen. Mitglieder der Landesregierung sollen dagegen nur dem Landesrechnungshof Rechenschaft schuldig sein.
Gerhards‘ Juristen sorgen sich dagegen besonders über das geplante so genannte Vergaberegister: Hier sollen Firmen, die der Bestechung verdächtigt werden, vermerkt, bis zu fünf Jahre gespeichert und damit zwangsweise von allen öffentlichen Aufträgen ausgeschlossen werden. Dabei haben die innenpolitischen Experten der Koalitionsfraktionen die Schwelle bewusst niedrig gehalten – für Justizminister Gerhards zu niedrig: Unternehmen sollen nicht erst bei Anklageerhebung oder gar rechtskräftiger Verurteilung registriert werden, sondern bereits, wenn „kein vernünftiger Zweifel an einer schwerwiegenden Entscheidung besteht“.
Die Grünen reagierten entsetzt auf die SPD-Absage. Gerade nach den Parteispendenskandalen werde weiter die Botschaft „die SPD bleibt korrupt“ in die Öffentlichkeit transportiert, war aus der grünen Landtagsfraktion zu hören. Völlig unverständlich sei, warum sich die Fraktionsführung der Sozialdemokraten dem Druck des Kabinetts gebeugt habe – schließlich sei der Entwurf seit Monaten zwischen den Koalitionsfraktionen und dem Justizministerium abgestimmt worden. Da Gerhards Juristen aber „unter Bauchschmerzen“ zugestimmt hätten, zeige die Absage den „Realitätsverlust“ der Abgeordneten.
Bei den Sozialdemokraten angekommen scheint die schlechte Außenwirkung aber zu sein: Fraktionssprecher Hans-Peter Thelen kündigt eine schnelle Verabschiedung nach der Sommerpause an – mit Nachbesserungen.
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