: Null Tore, aber ein Punkt
Mit viel Glück entgeht Hertha BSC dem Super-GAU zum Saisonbeginn. Dank eines 0:0 in Stuttgart stehen sie nun wenigstens nicht am Tabellenende. Vom angestrebten Erfolg ist aber wenig zu sehen
von TOBIAS SCHÄCHTER
Die Erwartungen waren hoch vor dieser Saison bei Hertha BSC Berlin. Fredi Bobic, Artur Wichniarek, Nico Kovac: Die Neuverpflichtungen besitzen Rang und haben Namen in der Branche. Sie gelten als Spieler, die auch mal den Mund aufmachen auf und neben dem Platz, Führungsqualitäten werden ihnen zugeschrieben. Qualitäten, die Hertha-Manager Dieter Hoeneß in den Jahren zuvor doch arg vermisst hatte.
Die kühnsten Optimisten sahen durch die Zugänge die Hertha gar als einen Konkurrenten für Bayern München im Kampf um die deutsche Meisterschaft. Zumindest ein Platz in der Champions-League soll am Ende aber schon herausspringen, so wünscht es sich jedenfalls Manager Hoeneß. Doch welch Schreck: Nach zwei Spieltagen stehen die Herthaner immer noch ohne Sieg da. Immerhin, ein Punkt schmückt seit gestern abend die Habenseite.
Das 0:0 beim VfB Stuttgart verhinderte den Supergau in der Hauptstadt nach der 0:3 Pleite zum Auftakt gegen Werder Bremen. Bei einer Niederlage hätte Berin am Tabellenende gestanden. Das Remis darf somit durchaus als Erfolg gewertet werden, überstanden die Berliner doch die turbulente Schlussphase nur zu Zehnt. Artur Wichniarek sah in der 84. Minute die Rote Karte
„Wir haben uns den Rückenwind genommen“, klagte Hoeneß nach der Bremen-Pleite und jammerte, dass man sich nun wieder alles neu erarbeiten müsse. Da zudem mit Marcelinho „das Herz der Mannschaft“ (Trainer Stevens) aufgrund eines Mittelfußbruches mindestens acht Wochen ausfällt, beorderte Stevens auch gleich ein paar neue Arbeiter in die ersten Elf. Nationalspieler Marco Rehmer, der in der Woche seinen Unmut über seine Nichtberücksichtigung freien Lauf ließ, durfte wieder mittun und bildete mit Simunic und Kapitän van Burik eine Dreierkette, die auch in Zukunft die bisherige Viererkette überflüssig machen könnte.
Nur wenige Torchancen wies die Statistik für den Vizemeister des Vorjahres aus. Auch Hartmann blieb bei Hertha draußen, Bart Goor durfte rein, zusammen mit Neuendorf, Kovac, Dardai und dem wiedergenesenen Arne Friedrich war er Mitglied eines defensivstarken Fünfermittelfeldes, dass die Techniker vom VfB nur selten kombinieren und kaum Platz zum Dribbling ließ.
Vorne spielte Wichniarek gut und erarbeitete sich durch wuseligen Einsatz einige Torchancen. So zum Beispiel in der 13 Minute, als er mit Neuendorf doppelpasste und mit einem zwölf Meter-Schuss erst in VfB Torwart Hildebrand seinen Meister fand. Was ihn allerdings in der 84. Minute geritten haben mag, blieb offen. Gekrümt, nach einem Tritt in den Magen, lag der polnische Nationalspieler am Boden. Meckernd aufstehend, durfte er sich nur Sekunden später auf den Weg in die Kabine machen. Schiedsrichter Kemming aus Kleingurgwedel verwies Wichniarek des Feldes. Die letzten Minuten in Unterzahl überstand die Hertha die brechstangenmäßig vorgetragenen Angriffe des VfB. Ganz schwach bei der Rückkehr an die alte Wirkungsstätte war Nationalspieler Fredi Bobic. Unter der Woche mit einem eingeklemmten Rückenwirbel außer Gefecht, gelang der schlaksigen Nummer Dreizehn, außer einer gelben Karte wegen Mackerns, nichts.
Die mit einem Auswärtssieg in Rostock gestarteten Stuttgarter bestätigten einen Makel, den ihr Trainer Felix Magath bereits in der Vorbereitung erkannte: „Wir tun uns schwer gegen Mannschaften, die sich zurückziehen und defensiv konzentriert arbeiten“.
Und dennoch: Wie wäre es für die tapfer sich wehrenden Herthaner gelaufen, hätte Soldo eine Heldt-Flanke aus fünf Metern verwertet und nicht Berlins Torwächter Kiraly angeschossen? Der Wind würde trotz Michaela den Verantwortlichen von Hertha BSC eiskalt ins Gesicht wehen.