: Die müden Krieger von Monrovia
In Liberias Hauptstadt kehrt mit dem Einzug afrikanischer Friedenstruppen allmählich Normalität ein
MONROVIA taz ■ Granaten explodieren nicht mehr in der Innenstadt von Monrovia, aber Frieden ist in Liberias Hauptstadt nicht eingekehrt. Bis auf die gemieteten Autos der Friedenstruppen, Milizionäre und Hilfswerke fährt kaum noch ein Verkehrsmittel. Die Gallone Benzin kostet über 20 US-Dollar. Aber ein noch größeres Problem der Menschen ist es, Nahrungsmittel aufzutreiben. Ein Becher Reis kostet umgerechnet 1 US-Dollar – viermal so viel wie zu Friedenszeiten. Dabei ist der Preis seit dem Ende der täglichen Artilleriebeschüsse in den vorigen Tagen schon um die Hälfte gefallen.
Alle warten nun auf den versprochenen Rückzug der Rebellen aus dem Hafen von Monrovia, wo Lebensmittelvorräte lagern sollen, sofern sie nicht geplündert worden sind. Dem geltenden Waffenstillstandsabkommen zufolge sollten sich die Rebellen bis 20 Kilometer vor die Stadt zurückziehen und somit auch den Hafen freigeben. Aber bevor Charles Taylor Liberia nicht verlassen hat, wollen sie keine Zugeständnisse machen. Gestern gingen Gerüchte über eine unmittelbar bevorstehende Ankunft von US-Marines im Hafen um.
Immer öfter patrouillieren die Soldaten der westafrikanischen Friedensmission Ecomil. Nachdem die ersten Soldaten alle aus Nigeria stammten, kamen am Sonntag auch Einheiten aus Senegal, Südafrika und Mali. Vorerst sichern die Nigerianer nur die eigenen Anlagen, vor allem entlang der Hauptstraße vom internationalen Flughafen ins Zentrum.
An dieser Straße, dem UN Drive, besitzt auch Charles Taylor sein Anwesen. Bis in die Innenstadt sind es von dort rund 5 Kilometer. Alle 500 Meter unterbricht ein Kontrollpunkt von Taylor-Soldaten die Fahrt. Teilweise sind die Bewaffneten uniformiert, teilweise nur durch ihr Maschinengewehr als Milizionäre kenntlich.
Viele der paramilitärischen Gruppen stehen vor Taylors Haus, das alle „White Flower“ nennen. Sie hoffen auf Geld. Aber jetzt, wo ihr Präsident weg ist, wird dies ziemlich unwahrscheinlich. John Blanoh ist 21 Jahre alt und kämpft seit 10 Jahren für Taylor. „Ich will nicht mehr kämpfen“, sagt er. „Wir sind müde. Ich suche mir jetzt einen Job bei den Friedenstruppen. Oder ich lerne Auto fahren und klempnern. Aber auf keinen Fall mehr Krieg.“ HAKEEM JIMO