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Archiv-Artikel

Von Mozart weit entfernt

Jazz-Opera, vorerst konzertant: Die NDR Bigband spielte auf Kampnagel George Gruntz‘ „The Magic of a Flute“

Der Schweizer Bandleader, Jazzpianist und Komponist George Gruntz hat 30 Jahre, nachdem Rolf Liebermann ihm die Idee eingab, mit Figuren der Zauberflöte von Mozart ein eigenes 3-Stunden-Werk geschaffen. The Magic of a Flute erlebte am Montag, drei Tage nach der Uraufführung in der Schweiz, beim Schleswig-Holstein Musik Festival in der Kulturfabrik Kampnagel die deutsche Erstaufführung.

Zur Aufführung mit der NDR Bigband unter Leitung des Komponisten war auch der Verfasser des Librettos, Peter O. Chotjewitz, gekommen. Ein Textbuch freilich hat er nicht geschrieben. Es gibt keine Handlung mehr. Amerikanische Texter haben neue Verse verfasst, angeblich ohne zu wissen, wofür. Chotjewitz fügte diese knapp zwei Dutzend „Arien“ zusammen. Thema mit Variationen: Sex und Begierden.

Die „Jazz-Opera“ wurde im schweizerischen Gstaad und in Hamburg allerdings nur konzertant aufgeführt. Insofern weiß niemand, wie das Stück auf der Bühne wirken würde. Tragende Säule dieser Magic Flute ist die Musik von George Gruntz, die nirgendwo auch nur an Mozart erinnert. Die NDR Bigband zeigte sich in Hochform. Satte Arrangements rissen die Zuhörer mit, dazu gab es einige hervorragende Gesangssolisten.

Lauren Newton, die neue Pamina, ist mit Versen, aber auch mit reinem Silbensalat ein Ereignis. Der putzmuntere schlanke Papageno von Marcelino Feliciano sticht den Prinz von Ian Shaw glatt aus, der zwar stimmlich voll auf der Höhe, aber körperlich etwas aus der Fassung geraten ist. Mark Murphy, als Jazzsänger hoch gehandelt, hier in der Figur des Sarastro, klebt als einziger völlig an der Partitur. Viel Beifall, obwohl sich nach der zweiten Pause einige Reihen gelichtet hatten. taz/lno