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Archiv-Artikel

Spurensuche nach Attentätern von Jakarta

Die indonesischen Behörden identifizieren den mutmaßlichen Selbstmordattentäter vom Marriot-Anschlag

JAKARTA taz ■ Eine Woche nach dem Bombenanschlag auf das Marriothotel in Jakarta mit 11 Toten und 150 Verletzten sind die indonesischen Ermittler möglichen Tätern auf der Spur. Zugleich werden neue Anschläge befürchtet. Der mutmaßliche Selbstmordattentäter ist identifiziert. „Er ist definitiv Asmar Latin Sani“, sagte gestern Chefermittler Erwin Mappaseng vor der Presse in Jakarta. Die Polizei konnte auch das Fahrzeug und seinen früheren Besitzer ermitteln. Sie sucht jetzt nach zwei Männern, die den Wagen am 20. Juli gekauft hatten.

Die Polizei fand Sanis bei dem Anschlag abgesprengten Kopf im vierten Stock des Hotels. Der 28-Jährige stammt aus Sumatra und wurde anhand von DNA-Analysen sowie Aussagen verschiedener Zeugen identifiziert. Nach ihm wurde laut Mappaseng schon seit Monaten gefahndet. Wie einige der mutmaßlichen Bali-Bomber absolvierte er die Koranschule des islamistischen Geistlichen Abu Bakar Bashir, wie die Schule einräumte.

Verteidigungsminister Matori Abdul Djalil und Polizeihef Da'i Bachtiar machen das südostasiatische Terrornetzwerk Jemaah Islamiyah (JI) für den Marriott-Anschlag verantwortlich. Der ähnelt anderen Terrorakten, für die JI als verantwortlich gilt. JIs geistiger Führer soll Bashir sein. Für ihn forderte Jakartas Staatsanwaltschaft gestern 15 Jahre Gefängnis für die Verwicklung in Anschläge auf Kirchen und ein Mordkomplott gegen die damalige Vizepräsidentin und heutige Präsidentin Megawati Sukarnoputri. Bashir erklärte sich für unschuldig und bezichtigte den US-Geheimdienst CIA der Anschläge in Bali und auf das Marriott. JI soll Verbindungen zu Ussama Bin Ladens Terrororganisation al-Qaida haben. Die bekannte sich Medienberichten zufolge jetzt zum Marriott-Anschlag.

Laut dem indonesischen Magazin Tempo war Sani Mitglied eines 10- bis 15-köpfigen JI-Selbstmordkommandos. Tempo berief sich dabei auf einen ungenannten Polizisten. Dem sei dies von einem inhaftierten mutmaßlichen JI-Mitglied bestätigt worden, der auch die Existenz der „Laskar Khos“ (Sondermiliz) genannten JI-Selbstmordkommandos einräumte.

Chefermittler Mappaseng wollte dies gestern genauso wenig bestätigen wie Berichte, demnach Sani in den letzten Monaten zwei seit den Bali-Anschlägen vom Oktober gesuchte JI-Bombenbauer beherbergt haben soll. Beunruhigend ist aber, dass diese wie andere JI-Führer flüchtig sind. Auch soll JI bereits vor über einem Monat mindestens zweimal Sprengstoff nach Jakarta gebracht haben. Sollte eine Lieferung die Marriott-Bombe gewesen sein, wäre noch mindestens eine weitere Bombe in der Metropole. In manchen Presseberichten ist von bis zu sieben Bomben die Rede.

Entsprechende Hinweise erhielt die Polizei, als sie vor einem Monat in der zentraljavanischen Stadt Semarang neun mutmaßliche JI-Mitglieder verhaftete und Sprengstoff, Zünder und anderes Bombenmaterial sicherstellte. Da war ein anderer Teil des Materials schon nach Jakarta gebracht worden. Die Regierungen Australiens und der USA raten deshalb ihren Bürgern von Reisen nach Jakarta ab. Potentielle Anschlagsziele wie Hotels, Einkaufszentren und Treffpunkte von Ausländern seien zu meiden.

Umgekehrt bemüht sich die Regierung in Jakarta um Vertrauensbildung. Jakartas große Hotels, die letzte Woche 10 Prozent ihrer Gäste verloren, stellten zusätzliches Sicherheitspersonal ein. Alle Fahrzeuge und Besucher werden jetzt durchsucht, bevor sie die Auffahrten der Hotels befahren oder die Gebäude betreten dürfen. SVEN HANSEN