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Archiv-Artikel

Fehlstart beim Rennbahndialog

Eigentümer der Weidenpescher Rennbahn legt neuen Bebauungsplan vor. Anwohner sind entsetzt. Das Mediationsverfahren zur Schlichtung hat aus Sicht der Konfliktparteien bislang nichts gebracht

Von Thomas Spolert

Einigkeit herrscht in Weidenpesch nur darüber, dass auf der 100 Jahre alten Pferderennbahn weiterhin galoppiert, gewettet und gefeiert werden soll. Doch über die künftige Finanzierung der Sportstätte im Kölner Norden gibt es gänzlich unterschiedliche Vorstellungen. Der Eigentümer, der Kölner Rennverein, möchte einen Teil des unter Landschaftsschutz stehenden Geländes mit Wohnhäusern bebauen. Dafür hat er nun ein neues Planungskonzept mit dem Titel „Wohnen an der Rennbahn“ vorgelegt. Die Anwohnerinitiative Grüne Lunge Rennbahn e.V. bezeichnet den Plan als „Kriegserklärung“.

Bei einer Diskussion am Donnerstag Abend in der Edith-Stein-Realschule standen sich beide Seiten unversöhnlich gegenüber. Auch das anschließende Plenum, an dem sich 160 Anwohner beteiligten, verlief ergebnislos. Die Firma hammerbacher aus Osnabrück, die für das Planungsverfahren den Zuschlag bekommen hatte, musste eingestehen, dass „eine konstruktive und sachliche Auseinandersetzung“ über die Planung „im Laufe der Veranstaltung nicht fortgeführt“ werden konnte.

Mehr Wohnungen geplant

Nach den neuen Planungen des Rennvereins sollen an der Niehler Straße insgesamt 247 Wohneinheiten entstehen. Die mit unterschiedlicher Geschosszahl geplanten Gebäudezeilen würden so angeordnet, dass der vorhandene Baumbestand erhalten bliebe. Nach Angaben des Rennvereins würden 8.000 Quadratmeter Fläche bebaut. Dies seien nur 1,45 Prozent der gesamten Rennbahnfläche.

Hintergrund für die Baupläne sind Schulden des Vereins in Höhe von 5,5 Millionen Euro. Hinzu kommt ein Investitionsbedarf zur Sanierung der maroden Stallungen und der unter Denkmalschutz stehenden Gebäude von rund 9,5 Millionen Euro. Vereinspräsident Claas Kleyboldt behauptet: „Eine Entschuldung und der Erhalt des Rennvereins ist nur durch eine Bebauung möglich.“ Ginge der Verein Pleite, fiele das Gelände der Rennbahn an das Land Nordrhein-Westfalen. „Und das Land würde garantiert auf dem Gelände bauen“, ist sich Kleyboldt sicher.

„Wir waren entsetzt, als wir die neuen Pläne des Rennvereins gesehen haben“, so Thomas Burghard von der Bürgerinitiative Grüne Lunge Rennbahn. Die Zahl der Wohneinheiten sei im Vergleich zu früheren Planungen noch erhöht worden. Durch die Bebauung werde ein Landschaftsschutzgebiet zerstört. Der von der chemischen Industrie, der Müllverbrennungsanlage und erheblichem Verkehrsaufkommen belastete Kölner Norden verliere seine letzte intakte „grüne Lunge“.

Die Bürgerinitiative will die Bebauung der Rennbahn auf jeden Fall verhindern. „Wir werden bis zum Letzten gehen“, kündigte ihr Vorsitzender Thomas Burghard an. Die bislang gesammelten Spenden reichten für eine Klage. 1.500 Bürger ständen hinter der Initiative. Der von der Stadt nach den ersten Auseinandersetzungen über die Bebauung im Dezember 2003 initiierte „Planungsdialog Rennbahn“ sei gescheitert, erklärte Burghard gegenüber der taz. Das Mediationsverfahren sei keine Bürgerbeteiligung im juristischen Sinn.

Neuer Termin vor der Wahl

Auch der Vorsteher der Nippeser Bezirksvertretung, Bernd Schößler (SPD), sieht den jetzigen Dialog nicht als Ersatz für eine Bürgerbeteiligung. Und er fordert: „Wir müssen die politische Beteiligung der Bezirksvertretung sichern.“ Den Planungsdialog Rennbahn hält Schößler für „Geldverschwendung“.

Kritik am Verfahren äußert auch Rennverein-Präsident Kleyboldt. Es seien nur die Gegner der Bebauung gekommen. Das Dialogverfahren, von der Stadt mit „Riesengeld“ bezahlt, sei seiner Ansicht nach „nicht sinnvoll“. Kleyboldt gibt sich weiterhin optimistisch, was die Bebauung der Rennbahn angeht: „Ich setzte auf die Vernunft des Kölner Rates.“

Doch die Grünen waren von den neuen Plänen des Kölner Rennvereins nicht begeistert. „Der Vorschlag geht zu weit“, sagte Jörg Frank. Der finanzpolitische Sprecher der Ratsgrünen beklagt: „Das größte Manko ist, dass keine möglichen anderen Szenarien durchgespielt werden.“ Er könne sich persönlich vorstellen, dass der Rennverein mit Hilfe seiner Mitglieder einen Investmentfonds auflegt, um mit der Rendite die Rennbahn zu finanzieren.

Weitere alternative Vorschläge der Bürgerinitiative Grüne Lunge Rennbahn zum Erhalt des Kölner Rennvereins und der Rennbahn in Köln-Weidenpesch sollen auf einem weiteren Forum im September, kurz vor der Kommunalwahl, vorgestellt werden.