: Armstrongs Angriff
Auf der ersten Bergetappe der Tour de France hängt Lance Armstrong fast alle Konkurrenten, inkl. Jan Ullrich, ab
BERLIN taz ■ „Außer Armstrong müssen alle attackieren“, hatte der Baske Iban Mayo vor der gestrigen ersten Bergetappe der Tour de France angesichts der Reihenfolge im Gesamtklassement gesagt, aber am Ende war es doch wieder Lance Armstrong, der attackierte und einen großen Schritt dazu tat, als erster Radfahrer zum sechsten Mal die Tour zu gewinnen. Als Zweiter der 12. Etappe bei der Bergankunft im 1.715 Meter hoch gelegenen La Mongie, zeitgleich mit dem italienischen Sieger Ivan Basso, distanzierte er all seine anderen Rivalen in demoralisierender Manier. 2:28 Minuten nahm er dem vermeintlich größten Konkurrenten Jan Ullrich ab, drei Minuten ließ er seinen früheren Helfer Roberto Heras aus Spanien hinter sich, 3:26 Minuten später als der Texaner kam Tyler Hamilton ins Ziel, und fast vier Minuten machte Armstrong auf Thomas Voeckler gut, den Franzosen, der sein gelbes Trikot noch einmal verteidigen konnte.
Als hätte der für das Wetter zuständige Radsport-Gott alle Spekulationen über einen anderen Tour-Sieger als in den letzten Jahren von vornherein beenden wollen, schickte er gestern lupenreines Lance-Armstrong-Wetter. Regnerisch, kühl, ungemütlich, so wie es Jan Ullrich hasst und der Texaner liebt. Beim ersten Anstieg am Col d’Aspin mochte noch keiner einen Angriff wagen. Gemeinsam überquerten die Favoriten die Passhöhe, in relativer Geschlossenheit absolvierten sie die Abfahrt, bevor der 13 km lange Anstieg nach La Mongie begann. Bestens unterstützt von seinen Helfern Hincapie, Rubiera und Azevedo startete Lance Armstrong wenig später einen ersten Versuchsballon, und als er merkte, dass vor allem Ullrich sofort Probleme bekam, forcierte er gnadenlos das Tempo. Während Teamkollege Guerini bei dem T-Mobile-Kapitän blieb, konnte sein anderer Helfer Andreas Klöden dem Amerikaner folgen und kam als Dritter ins Ziel, 20 Sekunden hinter Armstrong. Vor der heutigen schweren Pyrenäen-Etappe über sechs Gipfel zum Plateau-de-Beille (1.780 m) liegt Armstrong noch 5:24 Sekunden hinter Voeckler, aber 54 Sekunden vor Richard Virenque, 1:09 Minuten vor Kloeden sowie Basso und schon 3:37 Minuten vor Ullrich, der auf dem Weg nach La Mongie auch seinen gewohnten zweiten Platz schon verspielt haben könnte. MATTI