„Ganz normale Vorgänge“ im Hause Schill

Hamburg: Filz-Vorwürfe gegen Schills Staatsrat Wellinghausen ungeklärt. SPD will Untersuchungsausschuss

HAMBURG taz ■ Normalerweise hält es Hamburgs Innensenator Ronald Schill nicht lange in ihn langweilenden Ausschusssitzungen aus. Doch wenn es um seinen Staatsrat und Vertrauten Walter Wellinghausen geht, ist der Senator auch nach neun Stunden Sitzungsdauer noch zur Attacke bereit. Heftig griff Schill auf der Sondersitzung des Innenausschusses am Montagabend die rot-grüne Opposition an, die allein ein Ziel verfolge: „meinen Staatsrat zu diffamieren“. Die SPD sieht das ganz anders: Gestern kündigte sie an, einen Untersuchungsausschuss einsetzen zu wollen.

Auch die Nachtsitzung am Montag, die bis zwei Uhr morgens dauerte, hat in ihren Augen keinerlei Licht in das Affärengeflecht aus Nebentätigkeiten und Verwaltungsverstößen bekommen, das sich um Wellinghausen geknüpft hat: Wellinghausen und sein Chef Schill verweigerten immer, wenn es brenzlig wurde, die Aussage.

Dem ehemaligen Anwalt Wellinghausen wird zur Last gelegt, für mehrere Nebentätigkeiten parallel zu seinem Innenbehörden-Job Geld kassiert zu haben. Zudem soll er sich für einen von der Entlassung bedrohten Polizeibeamten stark gemacht haben, der früher sein Mandant war. Vorwürfe, die die Behördenleitung zwar einräumte, aber nicht als Anlass für Konsequenzen betrachtete. Für Schill waren all die von SPD und Grün-Alternativer Liste präsentierten Details „ganz normale Vorgänge, die nicht zu beanstanden sind“.

Während Wellinghausen den Sitzungsverlauf meist schweigend verfolgte, machte sich der frühere Richter Schill zum Verteidiger des früheren Anwalts Wellinghausen. „Ich habe uneingeschränktes Vertrauen in seine Integrität“, stellte Schill einen Persilschein aus. Doch zumindest in der Frage, ob Wellinghausen noch als Vorstand einer Münchner Aktiengesellschaft tätig war, als er bereits sein Regierungsamt in Hamburg angetreten hatte, musste der Beschuldigte einräumen, „einen Fehler gemacht“ zu haben. Daher habe er, so Wellinghausen, nun selbst die Prüfung dieses Falles durch die Senatskanzlei beantragt und werde das Ergebnis abwarten.

Doch das Resultat dürfte schon vor Beginn dieser Prüfung feststehen: Wellinghausen ist zu wichtig für Ronald Schill, als dass er ihn freiwillig opfern würde. Darauf will sich die SPD nicht verlassen. PETER AHRENS