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Archiv-Artikel

Traditionssozis verjagen Moron

Wie der sozialdemokratische Fraktionschef Edgar Moron beim NRW-Kongress der SPD-Arbeitnehmer rhetorisch unterging: Lauter Genossenstreit um die Reformpolitik der Bundes- und Landesregierung

AUS DUISBURGMARTIN TEIGELER

Am Ende schlich Edgar Moron aus dem Saal wie ein geprügelter Hund. Der Vorsitzende der NRW-SPD-Landtagsfraktion verließ die Konferenz der sozialdemokratischen Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA) vorzeitig. Zwei Stunden lang hatte sich Moron am Samstag mit den Retro-Genossen vom linken Parteiflügel herumgestritten. Sein „Geschwätz“, so ein Delegierter, wurde „Maron“ um die Ohren gehauen. Der Fraktionschef hatte die Reformpolitik von Rot-Grün in Bund und Land verteidigt – sehr zur Erregung der 78 anwesenden AfA-Genossen.

Schon der erste Gedanke der Moron-Rede führte zu tumultartigen Brüllduellen in der Rhein-Ruhr-Halle. „Wir hatten noch nie so eine hohe Sparquote in Deutschland“, sprach Moron vom reichlich vorhandenen Geldvermögen, das leider nicht investiert werde. „So ein Stuss“, rief ein Delegierter Richtung Podium. „Die kleinen Leute haben kein Geld, die können nix ausgeben“, schrie ein Genosse.

Nur mit Mühe konnte die Tagungsleitung für Ruhe im Saal sorgen. Moron reagierte auf die laute Kritik nervös und unvorbereitet, hatte er doch nur über die Probleme der Binnenkonjunktur sprechen wollen. In schnoddrigem Tonfall hastete der Fraktionschef durch seine allgemeinpolitische Rede, ging die Gegner der Reformpolitik an und warnte Gewerkschafter, die bei der neuen Linkspartei mitmachen wollen: „Das ist nichts Neues in der SPD-Geschichte, das nützt nur den Konservativen.“ Egal, was Moron sagte zu Agenda 2010, Hartz-Gesetzen oder Gesundheitsreform – den Traditionsgenossen konnte er nichts recht machen, die Verteidigungsrede des Düsseldorfer Offiziellen klang der AfA-Truppe zu sehr nach Disziplinierung, nach „Basta“. Selbst als Moron die jüngsten Arbeitgeber-Vorstöße zur Arbeitszeitverlängerung als verkappte Lohnkürzung attackierte, fiel ein Gewerkschafter dem Landespolitiker ins Wort: „In NRW macht Ihr doch das Gleiche beim öffentlichen Dienst.“

Nach knappem Höflichkeitsapplaus musste Moron dann eine Stunde lang den Prügelknaben für so ziemlich alle Missgeschicke sozialdemokratischer Regierungspolitik spielen. „Dieses Weiter-So-Geschwätz kann ich nicht mehr hören, Edgar“, sagte ein AfA-Mann aus Aachen. „Ich schäme mich für diese Politik“, bekannte ein Delegierter. Ein SPD-Arbeitnehmer aus Dortmund: „Deine Rede hat mich wütend gemacht“. Oder: „Deine Rede ist an den Problemen der Menschen vorbei gegangen.“ Mehrere Delegierte forderten ein Ende der Agenda-Politik.

Hatte Moron die Suada scheinbar ungerührt über sich ergehen lassen, ging er in einem kurzen Statement zum Gegenangriff über. „Wer die Agenda zurücknehmen will, ist ein Illusionist“, grollte Moron und warnte die wiederum protestierenden AfA-Delegierten davor, zum „konservativsten Teil“ der SPD zu werden. Als Moron schließlich ging, winkten einige SPD-Arbeitnehmer nur noch genervt ab: „Jetzt hat er die Schnauze voll.“