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Archiv-Artikel

Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Joschka Fischer ist auf Asienreise und wirbt dabei vehement für einen ständigen Sitz Deutschlandsim Sicherheitsrat. Unklar bleibt, welche Kampfeinsätze dieser Sitz uns kosten würde. Und ob es uns das wert ist

Von DAH

taz: Was war schlecht in der vergangenen Woche?

Friedrich Küppersbusch: Ich möchte, dass Bild Frau Hamm-Brücher in Ruhe lässt.

Was wird gut in dieser?

Ende der Angela-Merkel-wird-50-und-alle-Schulen-sind-zu-beflaggen-Feierlichkeiten in ebenjenem Organ.

Das Wetter macht den Leuten zu schaffen, auch Jan Ullrich leidet. Schafft er es noch?

Kommt drauf an, was! Bester deutscher Tourfahrer aller Zeiten ist er doch schon. In der Frühgeschichte der Tour gab es interessante Experimente mit Heftzweckenwürfen und vergifteten Getränken für Konkurrenten. Das braucht aber Ullrich nicht: Lance Armstrong ist wenigstens mal genau so unbeliebt wie Michael Schumacher, der auch immer alles gewinnt.

Heiß ist es auf jeden Fall in Asien, wo Joschka Fischer nun zehn Tage herumreist. Er wirbt dabei vehement für einen ständigen Sitz Deutschlands im Sicherheitsrat. Eine gute Idee?

Schon Kinkel und Rühe sind rechtschaffen stolpernd nach Somalia gestümpert, um gemutmaßte Vorleistungen für einen Sicherheitsratssitz zu erbringen. Welche Kampfeinsätze wird es kosten, den Antrag zu unterfüttern? Und ist es uns das wert?

Ein US-Spitzendiplomat meint, die Amerikaner hätten mehr Schwierigkeiten im Sicherheitsrat, seit die Deutschen als nichtständiges Mitglied dabei sind. Ein Kompliment?

Das könnte eine Unschärferelation werden: Je mehr klassische Werte des „alten Europa“ in die Führungsgremien der UN gedrängt werden, desto größer der Dreck, den sich die Bush-Administration drum schert.

In Deutschland werden derweil die Arbeitnehmer von gut verdienenden Unternehmen wie Daimler erpresst, mehr zu arbeiten und auf Geld zu verzichten. Die Gegenwehr der Gewerkschaften wirkt halbherzig. Also Sozialstaat ade? Ist die Stimmung im Lande gekippt?

Die klassischen deutschen Tugenden – grübeln, lamentieren, Schuld zuweisen – sind mustergültig versammelt im großen Ramentern unserer Wirtschaftsbosse, vulgo: Standortenführer. Wenn ich – als Unternehmer – nach einem vergeigten Pitch zu meinen Mitarbeitern spräche: Na ja, die Steuern sind ja auch zu hoch, eure Lohnnebenkosten auch, und unser Redaktionscomputer hat ja auch noch immer kein eigenes Atomkraftwerk – heißt das vor allem: Ich bin zu feige zuzugeben, dass ICH es vergeigt habe. Unser Standortproblem heißt: Boss. Zielgerichteter kann man die Mannschaft nicht demotivieren als mit der unbedingten Weigerung, mal über eigene Fehler nachzudenken. Stimmen eigentlich unsere Produkte? Ist genug Geld in der Firma belassen, um Neuentwicklungen zu fördern? Generiert die Führungsetage neue Ideen – oder neue Ausreden?

Wie viel arbeiten Sie freiwillig mehr?

Immer bis fertig ist. Aber ich arbeite auch nicht entfremdet.

Gut abkassiert haben die Mannesmann-Manager und -Aufsichtsräte. Gegen sie werden diese Woche die Urteile gefällt. Der angeklagte Deutsche-Bank-Chef Ackermann fühlt sich unschuldig, denn „Leistung und Erfolg müssen belohnt werden“. Können die Richter dem zustimmen?

Die amerikanische Idee von der corporate citizenship, dass also ein Unternehmen die nämlichen Pflichten und Werte zu vertreten habe wie der einzelne Staatsbürger, wird durch den Prozess auf jeden Fall gestärkt – unabhängig vom in Aussicht stehenden Freispruch. Das eigentliche Strafmaß entscheidet der Kunde mit seiner freien Entscheidung, sein Konto nicht bei einer moralisch unterentwickelten Bank zu belassen.

Nach Esser & Co. steht ab dieser Woche der Maler Jörg Immendorf in Düsseldorf vor Gericht. Wissen Sie noch, warum?

Er hat sich dabei erwischen lassen zu tun, wovon alle anderen träumen, dass sie’s täten, wenn sie Künstler wären.

Sollte er noch als Professor unterrichten dürfen, wenn er verurteilt wird?

Ja.

Und wie weit kommt Borussia Dortmund im UI-Cup?

Auswärtssieg im ersten Saisonspiel ist doch schon mal ganz ordentlich. FRAGEN: DAH