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Archiv-Artikel

Kurzer Prozess im Fall Kazemi

Nach zweitägiger Verhandlung endet in Teheran der Prozess um den Tod von Zahra Kazemi. Die Fotoreporterin war nach einem Verhör an Hirnblutungen gestorben

BERLIN taz ■ Überraschend wurde am Sonntag der Prozess um den Tod der iranisch-kanadischen Fotoreporterin Zahra Kazemi schon am zweiten Tag für beendet erklärt. Während am ersten Prozesstag ausländische Diplomaten und Journalisten der Verhandlung beiwohnen durften, fand die Verhandlung am Sonntag unter Ausschluss sämtlicher ausländischen Beobachter statt.

Unter den abgewiesenen Diplomaten waren der Botschafter Kanadas, Philip Mackinnon, sowie Botschaftsvertreter Frankreichs und Großbritanniens. Die Abweisung solle der Außenwelt mitteilen, dass Iran sich von niemandem unter Druck setzen lasse, sagte Richter Farahani. Die kanadische Regierung berief daraufhin gestern ihren Botschafter Philip Mackinnon aus dem Iran zurück.

Die 54-jährige Journalistin und gebürtige Iranerin Zahra Kazemi lebte seit längeren Jahren in Kanada und war dort eingebürgert. Sie war Mitte Juni 2003 aus Anlass der Studentenunruhen nach Iran gereist. Am 23. Juni wurde sie, während sie Angehörige von Gefangenen fotografierte, vor dem Teheraner Evin-Gefängnis wegen angeblicher Spionagetätigkeit festgenommen. Drei Wochen später starb sie im Krankenhaus.

Unmittelbar nach dem Tod der Fotoreporterin hieß es in einer Presseerklärung des Kultusministeriums, Kazemi sei infolge eines Schlaganfalls gestorben. Wie sich später herausstellte, hatte der Teheraner Staatsanwalt Said Mortazawi, der zuvor als Richter zahlreiche Zeitungen verboten und Journalisten zu langen Haftstrafen verurteilt hatte, einen Staatssekretär im Kultusministerium zu der Presseerklärung gedrängt.

Doch Nachforschungen einer von Präsident Mohammad Chatami eingesetzten Untersuchungskommission ergaben, dass die Reporterin infolge von Hirnblutungen aufgrund eines schweren Schädelbruchs gestorben war. Die Unterlagen wurden der Justiz übergeben.

Die erste Verhandlung im vergangenen Oktober hatte zu keinem Ergebnis geführt. Trotz Vertuschungsversuchen von Staatsanwalt Mortazawi und trotz starker Indizien, die auf Misshandlungen beim Verhör deuteten, wurde ein Angestellter des Informationsministeriums, Mohammad Reza Ahmadi, auf die Anklagebank gesetzt.

Friedensnobelpreisträgerin Schirin Ebadi, die die Familie des Opfers vertritt, bezeichnete Ahmadi als „Sündenbock“. Sie zitierte Augenzeugen, laut denen der Justizbeamte Mohammad Bachschi Kazemi auf den Kopf schlug. Dabei sei sie zu Boden gefallen und habe nicht mehr laufen können. Ebadi wies nach, dass die Staatsanwaltschaft Akten manipuliert und Zeugen zum Widerrufen ihrer Aussagen gezwungen hatte.

Der Angeklagte beteuerte seine Unschuld. Regierungssprecher Abdollah Ramezanzadeh erklärte: „Die Regierung und das Informationsministerium sind überzeugt, dass den Angestellten des Ministeriums keine Schuld trifft. Wir hoffen, dass das Gericht den wahren Täter der Öffentlichkeit präsentiert.“

Die Akte wies so viele Mängel auf, dass der Richter es offenbar vorzog, den Prozess zu beenden. Weder die Anwälte des Opfers noch der des Angeklagten kamen ausreichend zu Wort. Schlussplädoyers gab es nicht. Abzuwarten bleibt, wie das Gericht ein Urteil rechtfertigen wird. BAHMAN NIRUMAND