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berliner szenen In der Datsche

Das seltsame Geräusch

Irgendwas surrte. Er schloss die Tür der Datsche auf, der giftig ostige Geruch des Bodenbelags schlug ihm entgegen. Lüften! Es surrte immer noch, etwas leiser. Vorsichtig öffnete er die Tür zum linken Zimmer, aber bis auf den ätzenden Geruch war alles normal: Matratzen ohne Bettzeug, alte Stühle, Werkzeug (wo war die Axt eigentlich?), der verdreckte leere Kühlschrank. Da hörte er wieder etwas. In der Wand? Oder in der Decke aus Styroporquadraten, die er mal gezählt hatte, als er nicht einschlafen konnte?

Als würde jemand in der Wand herumkriechen und von innen daran rumknabbern. Langsam drehte er sein Ohr in Richtung der Tapete. Er wurde abgelenkt vom strengen Geruch des roten Handtuchs, das am Haken hing. War das eigentlich sein eigenes? Dahinter mussten sie sein. Vorsichtig nahm er das Handtuch vom Haken. Nichts, nur die kleinen Punkte auf der Tapete und ein wenig mehr Schimmel als letzten Sommer.

Srrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrr. Direkt hinter seinem Kopf. Ruckartig drehte er sich um, schlug mit dem Handtuch um sich, stolperte über den blöden Gartenschlauch, schaffte es aber bis auf die Terrasse aus grau gescheckten Betonplatten. Sie versuchte, ihn einzukreisen. Eine Wespe. Er rannte auf den Rasen. Jetzt sah er auch die anderen. Geradlinig flogen sie auf ein kleines Loch in der Holzverkleidung neben dem Fenster zu. Und krabbelten in die Wand. Diese elenden Mistviecher. Als Kind hatte er einmal in einem Wespennest rumgestochert. Neun Stiche über den ganzen Körper verteilt hatten ihn damals zum ersten Mal seine Straße aus dem Inneren eines Krankenwagens sehen lassen. Überall Stiche, und die machen die Sirene nicht an, hatte er gedacht, bevor er das Bewusstsein verlor.

ANDREAS BECKER

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