kommentar: cda und cdu in nrw
: Kollegenschweinerei aus Berlin

Hans Katzer ist tot, Norbert Blüm ist in Rente. Die großen alten Männer der christdemokratischen Arbeitnehmerbewegung sind längst abgetreten. CDA, KAB und Kolping-Kolonnen haben keine starke Hausmacht mehr in der heutigen NRW-Christdemokratie. Der Herz-Jesu-Flügel der CDU hechelt nur noch hinterher, wenn die Merkels, Meyers und Merzens immer neue Vorschläge zur Demontage des Sozialstaats machen. Nach Kopfpauschale und Steuerreform ist die neueste Kontroverse um Arbeitnehmer-Rechte und Kündigungsschutz ein weiterer Beleg für den Bedeutungsverlust der Sozialausschüsse. Aus linker Sicht war der CDU-Arbeiterverein sowieso nur ein Alibi-Club für den Sozialabbau unter Kohl und Blüm. Doch oft war die CDA seit den 1950er Jahren eine effektive Lobby für Arbeitnehmer-Interessen bei den Konservativen. Damit ist es wohl endgültig vorbei: Selten zuvor hat eine Partei bereits in der Opposition so offen mit Sozialabbau kokettiert.

Landtags-Spitzenkandidat Jürgen Rüttgers müsste den Vorstoß von Generalsekretär Meyer eigentlich als Kollegenschweinerei aus Berlin empfinden. Pünktlich zum letzten Sommerloch vor der NRW-Wahlsaison 2004/05 streiten sich die Christdemokraten erneut auf Kosten verunsicherter Stammwähler. Verschärft sich der Machtkampf um das soziale Profil der CDU weiter, muss Rüttgers sogar einen Stimmungsumschwung fürchten. Die kriselnde SPD wird sich über die Sozialkahlschlags-Debatte bei der Konkurrenz freuen. Das kleinere Übel könnte Oberwasser kriegen. MARTIN TEIGELER