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Archiv-Artikel

Klamme Universität

1,4 Millionen mehr im Jahr reichen nicht: An Flensburgs Uni bleiben die Finanzen prekär. Davor warnt Schleswig-Holsteins Universitätsrat seit dem Sommer. Den Wissenschaftsminister kümmert es kaum

AUS KIEL JAN HAUSER

Es hört sich gut an: „Bei den bescheidenen Mitteln ist was Hervorragendes zustande gekommen“, sagt Werner Marnette,Schleswig-Holsteins Wirtschafts- und Wissenschaftsminister (CDU). Gemeint sind die Ziel- und Leistungsvereinbarungen von 2009 bis 2013. Die bringen den Hochschulen im laufenden Jahr 3,6 Prozent mehr Geld als 2008.

„Das wird nicht ausreichen“, sagt wiederum Heiner Dunckel, Rektor der Universität Flensburg, mit Blick auf die Lage an seiner Hochschule. Er hatte der Vereinbarung zunächst gar nicht zustimmen wollen, unterschrieb dann aber doch – der Planungssicherheit zuliebe. Die Flensburger Hochschule erhält ab 2009 jährlich 1,4 Millionen Euro zusätzlich, das sind etwa 10 Prozent mehr als zuvor.

Das löst Dunckel zufolge aber nur das größte Problem der Uni: Die Akkreditierung des Studiengangs „Vermittlungswissenschaft“ war im Sommer ausgesetzt worden – zu wenig Professoren, eine schlechte Studienorganisation und miserable Ausstattung, urteilte die Zentrale Evaluations- und Akkreditierungsagentur Hannover. Mit dem zusätzlichen Geld stehe der Akkreditierung nun nichts im Weg, sagt Dunckel: „Nur damit sind die anderen strukturellen Probleme in anderen Bereichen nicht gelöst.“

Die Misere des Studienganges steht symptomatisch für die gesamte Uni: Mit wem sich die Flensburger auch vergleichen – ob im norddeutschen Raum, mit pädagogischen Hochschulen in Baden-Württemberg oder mit der ähnlich strukturierten Hochschule Vechta, immer haben die anderen mehr Geld, sagt Dunckel. Seiner Uni fehlten weitere 1 bis 1,5 Millionen Euro im Jahr.

„Eine Strukturkommission erarbeitet zurzeit Lösungsvorschläge für die Uni Flensburg“, sagt wiederum Marnette: „Wir rechnen bald mit den Ergebnissen.“ Schnellschüsse dürfe es nicht geben. Der Minister zeigt sich gewiss, dass es zu einem tragfähigen Gesamtkonzept für die Flensburger kommt. „Wir sind in der Verpflichtung, uns dafür einzusetzen, unseren jungen Menschen eine gute Ausbildung zukommen lassen.“ Das Ministerium rechnet damit, dass der Bericht der Kommission in dieser Woche erscheint. Doch die Arbeit der Strukturkommission bezieht sich nicht auf die gesamte Hochschule, sondern lediglich nur auf den Bereich der Lehrerausbildung.

„Die momentane Situation ist für die Uni Flensburg ziemlich betrüblich“, sagt Peter Gaehtgens, der Vorsitzende des Universitätsrates, eines unabhängigen Beratungsgremiums für die drei Unis im Land. „Wenn das Dach undicht ist, können Sie in jedem Jahr immer 20 Dachziegel auswechseln.“ Das zusätzliche Geld werde auf Dauer nicht reichen – und dann werde eben im nächsten Jahr ein weiterer Studiengang nicht akkreditiert. „Wir drängen darauf“, sagt Gaehtgens, „die Gesamtsituation zu bereinigen und nicht immer wieder einzelne Löcher zu stopfen, wenn im Grunde genommen das ganze Dach erneuert werden muss.“

Anfangs gegen den Widerstand der Hochschulen hatte Marnettes Vorgänger Dietrich Austermann den Universitätsrat 2007 durchgeboxt. Inzwischen ist das Gremium ein Fürsprecher der Hochschulen. Im August 2008 bereits forderte der Rat vor allem mehr Geld für die Unis: Diese seien unterfinanziert und unterdimensioniert, im deutschlandweiten wie im internationalen Vergleich. Es gebe zu wenig Studienanfänger, Absolventen und Auslandsstudenten. Die Flensburger Misere wurde damals als „größtes Teilproblem“ bezeichnet: Die Uni müsse entweder zurückgestuft oder ausgebaut werden.

Doch von den Rats-Positionen findet sich nichts in den neuen Vereinbarungen: „Wir kommen von außen, sehen die Sachen nüchtern, analysieren, präsentieren den Befund, ergänzen ihn durch Empfehlungen“, sagt Gaehtgens: „Wir erleben dann, dass diese Empfehlungen keinen Niederschlag finden.“ Hoffnungsschimmer ist nur, dass sich Wissenschaftsminister Marnette im Januar mit dem Rat zu einem vertraulichen Gespräch getroffen hat – weitere solcher Zusammenkünfte sollen folgen.

„Ich habe großes Interesse an einer guten Zusammenarbeit mit dem Universitätsrat“, sagt Marnette: „Der Universitätsrat hat bereits viele Vorschläge zur Weiterentwicklung der Universitätslandschaft vorgelegt, die nun diskutiert werden müssen.“ Er verstehe auch, dass der Rat mehr Geld fordert: „Ich würde gerne mehr geben, aber ich habe die Mittel nicht.“

Und so blickt der Flensburger Rektor Dunckel pessimistisch in die Zukunft: „Zurzeit befürchte ich eher, dass wir abbauen müssen.“ Wenn es nicht mehr Geld geben könne, sagt Gaehtgens, müsse man das öffentlich klarstellen und den Leistungsumfang reduzieren: „Ein ‚Weiter so‘ hilft niemanden.“