: Billiger büffeln ist in Gefahr
Mit so genannten Lernmittelfonds wollen Eltern und Schulamt Rabatte beim Aufkauf von Schulbüchern erzielen. Die Verleger lehnen das ab. Sie pochen auf die gesetzliche Buchpreisbindung
von SEBASTIAN HEISER
Ab diesem Schuljahr müssen Eltern Schulbücher im Wert von bis zu 100 Euro für ihre Kinder selbst kaufen, ausgenommen sind Sozialhilfeempfänger und Wohngeldbezieher. 9 Millionen Euro spart der Senat so ein. Mit „Lernmittelfonds“ will der Landeselternausschuss die Last für die Eltern senken und beim Bücherankauf Rabatte erzielen. Dagegen werden jetzt aber rechtliche Bedenken laut.
Das System funktioniert so: Die Schule listet die Bücher auf, die die Eltern kaufen müssen. Die Elternvertretung der Schule beschließt, dass der Förderverein das Geld einsammelt und als zweckgebundene Spende an das Schulamt weitergibt. Die Bücher gehören dann der Schule, die sie an die Schüler verleiht. Das ist erstens billiger, weil die Bücher so über mehrere Jahre genutzt werden. Zweitens gilt zwar auch für Schulbücher eigentlich die gesetzliche Buchpreisbindung, aber das Schulamt bekommt als öffentliche Behörde bis zu 15 Prozent Rabatt.
Laut dem Schulamtsleiter von Tempelhof-Schöneberg, Horst Getschmann, laufen in seinem Bezirk Elternbestellungen aus den meisten Grundschulen und mehreren Oberschulen über sein Amt. Auf den eigens eröffneten Konten seien schon rund 100.000 Euro eingegangen.
Lässt sich das Preisbindungsgesetz so aushebeln? Der Schulamtsleiter von Mitte, Jürgen Willuhn: „Wenn wir von Dritten Geld bekommen, um die Bücher zu kaufen, dann wüsste ich nicht, wo da das Problem sein sollte.“ Der Sprecher von Kulturstaatsministerin Christina Weiss sagt auf taz-Anfrage allerdings, dass „es rechtlich darauf ankommt, dass die Bestellung nicht nur förmlich, sondern auch haushaltsmäßig überwiegend durch die öffentliche Hand finanziert wird“.
Dieter Wallenfels wird da deutlicher. Er ist der Anwalt, der gemeinsam von Verlegern und Buchhändlern beauftragt wurde, das Buchpreisbindungsgesetz durchzusetzen: „Der Staat trägt ja gar nicht die Kosten für die Bücher! Hier findet eine Art Geldwäsche statt: Man macht aus privaten Geldern öffentliche Gelder, um das Gesetz zu umgehen und den Rabatt zu erhalten.“ Die Schulämter würden sich dem Vorwurf aussetzen, eine unerlaubte Handlung zu begehen. Wenn die Gerichte das ebenso sehen, droht Schadenersatzklage.
Und die zweite Idee des Landeselternausschusses, die Bücher zu verleihen und so mehrere Jahre lang zu nutzen? Das ist rechtlich unproblematisch und darüber hinaus eine gute Idee; da sind sich alle Befragten einig.
Den Ärger mit den Schulbüchern hätte der Senat leicht verhindern können. Der Landeselternausschuss hatte schon vor Monaten vorgeschlagen: Die Schulen sollen weiter die Bücher verleihen und dafür eine Gebühr nehmen. Das wäre einfacher, als die Eltern selbst die Bücher kaufen zu lassen.
Auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) befürwortete den Vorschlag. Warum wurde er nicht umgesetzt? Thomas John, Sprecher des Schulsenators: „Wir wollten nicht einfach eine neue Steuer einführen. Wir wollten, dass die Bücher Eigentum der Eltern werden und sie so auch einen realen Gegenwert bekommen.“