: Nachhaltig stiften lernen
Ein neuer Nachhaltigkeitsfonds soll speziell Stiftungen zu ethisch korrekter Geldanlage motivieren. Die Ausschlusskriterien reichen von Atomkraft bis Zigaretten. Stiftungen zeigen „großes Interesse“
Auch Stiftungen sind oft inkonsequent: Einerseits verfolgen sie ehrenwerte Ziele mit den Ausschüttungen ihrer Kapitalerträge. Andererseits erwirtschaften sie ihre Renditen in Geschäftsfeldern, die so ganz und gar nicht im Sinne der Stiftung sein können. „Bis vor kurzem“, sagt Thomas Glück von der Pro Secur Vermögensverwaltung in München, „haben sich die meisten Stiftungen über diesen Widerspruch gar keine Gedanken gemacht.“
Doch die Sichtweise in der Welt der Stiftungen wandelt sich zusehends. Zusammen mit dem Bundesverband Deutscher Stiftungen hat die Pro Secur jetzt einen Fonds für Stiftungen aufgelegt – einen Nachhaltigkeitsfonds, der die aufzunehmenden Unternehmen nach 40 Kriterien bewertet. Vor wenigen Wochen fand die konstituierende Sitzung des Anlageausschusses statt.
Der Kriterienkatalog ist ein bunter Strauß. Dass Unternehmen, die Atomkraftwerke unterhalten, unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit nicht akzeptabel sind, liegt auf der Hand. Auch Firmen, die Pestizide produzieren, nichtzertifizierte Tropenhölzer schlagen oder mehr als ein Drittel ihres Umsatzes mit fossilen Brennstoffen erwirtschaften, fallen ebenso durchs Raster wie Unternehmen, die Saatgut etwa gentechnisch verändern oder Massentierhaltung betreiben.
Über die klassischen Ökokriterien hinaus darf Alkohol nur maximal 10 Prozent des Firmenumsatzes ausmachen, ebenso wie Tabak. Auch Glücksspiele sind auf 10 Prozent des Umsatzes limitiert, Rüstungsgüter auf maximal 1 Prozent. Völlig ausgeschlossen sind indessen pornografische Unterhaltungsangebote. Und schließlich sind auch Beteiligungen an Kliniken, in denen Abtreibungen stattfinden, nicht statthaft. Damit deutet sich bereits die Nähe des Fonds zur katholischen Kirche an – die Bank im Bistum Essen eG war unter den Initiatoren.
Auch in einem anderen Punkt wird der Einfluss der Kirche deutlich. Das Portfolio wird gemanagt mit einer Datenbank, die der Ethical Investment Research Service (Eiris) in London entwickelt hat. Eiris wurde 1983 von Kirchen und Wohltätigkeitsorganisationen gegründet. Auch die Pro Secur Vermögensberatung und -verwaltung GmbH kommt aus religiösem Umfeld – sie betreut seit 1990 katholische Ordensgemeinschaften bei der Portfolioverwaltung.
Die Eiris-Datenbank mit dem Namen Ethical Portfolio Manager (EPM) analysiert derzeit mehr als 2.500 Unternehmen weltweit. Anhand dieser Bewertungen strickte der Anlageausschuss nun den „Fonds für Stiftungen Inveco“, der im Februar aufgelegt wurde. Mindestens 50 Prozent des Geldes werden in festverzinslichen Wertpapieren angelegt, wobei auch hier nur „Emissionen aus demokratischen Staaten ohne unterdrückerisches Regime“ zulässig sind.
Wertpapieremittenten, die bei den Ausschlusskriterien bestehen, kommen in die nächste Runde – und dann zählen, so lässt Pro Secur wissen, „nur noch harte ökonomische Fakten“. Denn die Rendite des Fonds soll sich an führenden Indizes messen lassen: Ziel ist es, mit nachhaltigen Papieren den MSCI Welt und den JPM Welt zu schlagen. Zur Halbjahresbilanz Ende Juni konnte der Fonds mit 3,69 Prozent Zuwachs die so genannte Benchmark der beiden Indizes, die bei 3,54 Prozent liegt, immerhin knapp überbieten.
Die größten Aktienpakete – jeweils zwischen 2 und 3 Prozent des Fondsvolumens – entfallen derzeit auf die Unternehmen Pfizer (Pharma), Takeda Chemical Industries (Chemie), Cisco Systems (Informationstechnologie), Citigroup (Finanzdienstleister) und Enel (Energieversorger). Weitere prominente Namen im Portfolio sind derzeit Microsoft und Coca-Cola. Stärkste Branche ist laut jüngstem Quartalsbericht „Gesundheit und Körperpflege“, gefolgt von Finanzdienstleistung.
Wichtigste Zielgruppe des Fonds sind kleine und mittelgroße Stiftungen, die ein eigenes Portfoliomanagement zumeist nicht leisten können. So wurde die Einstiegssumme auf 10.000 Euro festgelegt – ein Betrag, der nicht nur für kapitalkräftige Stiftungen erschwinglich ist: „Das ist natürlich ein Publikumsfonds, der auch von anderen Investoren erworben werden kann“, sagt Vermögensberater Glück.
Mit dem Fonds dürfte manche Stiftung nicht nur im Hinblick auf die ethische Korrektheit Neuland betreten, sondern auch in Sachen Anlagestrategie. „Stiftungen waren bislang durch konservatives Anlageverhalten geprägt“, sagt Alfred Zinke von der Bank im Bistum Essen. Sie hätten in der Vergangenheit ihr Kapital überwiegend in Rentenpapieren angelegt, weniger in Aktien. Das lag auch daran, dass die meisten Fonds am Markt bislang nicht auf die Bedürfnisse der Stiftungen ausgerichtet waren. „Thesaurierende Fonds sind zum Teil stiftungsrechtlich nicht möglich“, sagt Christoph Mecking, Geschäftsführer des Bundesverbandes Deutsche Stiftungen. Es sind also Fonds tabu, die nicht jährlich ihre Erträge ausschütten, sondern diese anhäufen und dem Portfolio zuschlagen. Lange Zeit hätten die Banken diese grundsätzlichen Bedürfnisse der Stiftungen nicht ausreichend bedacht – was überraschen muss, weil die Stiftungen in Deutschland nach Schätzungen des Bundesverbandes über ein Vermögen von rund 50 Milliarden Euro verfügen.
Die Stiftungen ihrerseits haben bis heute viel zu wenig erkannt, welche Einflussmöglichkeiten in ihren Anlageentscheidungen liegen. „Da haben wir noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten“, weiß Mecking, dessen Verband immerhin 2.100 Mitglieder vertritt. Bisher lege erst ein kleiner Prozentsatz von Stiftungen sein Geld nach ethischen Kriterien an. Doch der Wandel ist sichtbar: „Unsere Veranstaltungen zu diesem Thema“, sagt Mecking, „stoßen bei den Stiftungen inzwischen auf großes Interesse.“ BERNWARD JANZING
Pro Secur GmbH, Pferdmengesstr. 17, 50968 Köln, Tel. (02 21) 92 16 71-0, Fax -16, www.pro-secur.de