: Polizei tötet seltener
Nur drei Menschen fielen voriges Jahr den Schusswaffen der Beamten zum Opfer, die niedrigste Zahl seit 30 Jahren
BERLIN taz ■ Solch eine positive Bilanz hat die deutsche Polizei selten vorzuweisen. Lediglich drei Menschen sind voriges Jahr durch polizeilichen Schusswaffeneinsatz ums Leben gekommen. Dies geht aus der offiziellen Schusswaffengebrauchsstatistik hervor, wie der Berliner Informationsdienst Bürgerrechte & Polizei/Cilip in seiner nächsten Ausgabe berichtet.
Nur 3 Tote, dies ist das beste Resultat seit rund dreißig Jahren – vermutlich sogar seit dem Bestehen der Bundesrepublik. Genau lässt sich das indes nicht feststellen, da Polizeischüsse und ihre Folgen anfangs nicht dokumentiert und veröffentlicht wurden. Eine einheitliche Statistik wird erst seit 1976 geführt.
Auch der Schusswaffengebrauch insgesamt geht seit einigen Jahren zurück. Insgesamt 44 gezielte Schüsse wurden voriges Jahr auf Menschen abgegeben, fast genauso viele wie im Jahr zuvor. Dagegen hatte die Polizei noch 2001 insgesamt 68-mal auf Menschen geschossen. Bei den Warnschüssen gab es mit insgesamt 99 Vorfällen ebenfalls den niedrigsten Wert seit vielen Jahren.
Dennoch hält die Polizeigewerkschaft an ihren Kassandrarufen fest, wonach Straftäter immer brutaler werden und sich immer häufiger auch mit Waffengewalt gegen Polizisten zur Wehr setzen. Der Bundesvorsitzende Konrad Freiberg verweist auf rund 700 verletzte Polizeibeamte im vergangenen Jahr.
Den Rückgang des Schusswaffeneinsatzes führt er auf die „relativ gute Schießausbildung und das ungeheure Verantwortungsbewusstsein“ der Polizisten zurück.
Wolfgang Dicke, Schusswaffenexperte der Gewerkschaft, ist da zurückhaltender. Er meint, ein kausaler Zusammenhang zwischen Gefährdungssituation und Schusswaffeneinsatz lasse sich „mathematisch nicht auseinander rechnen“. Dabei komme es immer auf die jeweiligen Umstände an.
Eine Ansicht, die Redakteur Heiner Busch vom Informationsdienst Cilip teilt. Im Allgemeinen, sagt Busch, fallen Polizeischüsse in Situationen, auf die die Beamten nicht vorbereitet sind. Häuften sich „falsche Situationen“, könne die Statistik „gleich wieder anders aussehen“. Im internationalen Vergleich schieße die deutsche Polizei wenig.
Während polizeiliche Todesschüsse derzeit zurückgehen, zeigt die Statistik andererseits eine rasante Zunahme beim Schusswaffeneinsatz gegen Tiere. Töteten die Beamten vor zehn Jahren noch etwa 1.900 gefährliche, kranke oder verletzte Kreaturen, so erreichte die Statistik im vorigen Jahr mit 5.440 Fällen ihren bisherigen Rekord.
Eine plausible Erklärung für dieses Phänomen gibt es aus Polizeikreisen bislang nicht.
OTTO DIEDERICHS