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Archiv-Artikel

Die Walfänger wetzen ihre Harpunen

Die Jagd auf die Wale bleibt vorerst verboten. Doch wankt das Moratorium unter dem Druck von Japan und Island beträchtlich: Schon bis nächstes Jahr sollen Kriterien für den Handel mit dem Fleisch der Meeressäuger ausgearbeitet werden

Aufatmen dürfen wohl nur die Wale im Südpolarmeer. Das ist bis 2014 Schutzgebiet

VON HANNA GERSMANN

Die Walfänger hoffen nun auf das nächste Jahr: Noch ist der Handel mit dem wertvollen Fleisch der sanften Riesen nicht erlaubt, doch der Weg geebnet. Die ganze letzte Woche haben die Delegierten aus 57 Mitgliedstaaten der Internationalen Walfangkommission (IWC) im italienischen Sorrent gestritten, ob die Jagd nach mehr als 18 Jahren wieder freigegeben wird – wie jedes Jahr. Doch dann bröckelten plötzlich die Stimmen der Gegner.

Früher wurden die Wale vor allem wegen ihres Fetts gejagt, das als Brennstoff genutzt wurde. Heute geht es um: das Fleisch. Es landet überwiegend auf den Tellern japanischer Restaurants. Dort wird es als Delikatesse gehandelt – obwohl sich mit zunehmender Meeresverschmutzung darin immer mehr Gifte anreichern. Und so kämpfte Japan wie seit vielen Jahren auch auf dieser Konferenz verbissen darum, die ungehemmte Jagd durchzusetzen: Japan kaufte Stimmen kleiner Inseln, indem es ihnen Entwicklungshilfen zusagte. Japan drohte mit dem Austritt aus der IWC.

Das Rasseln mit den Harpunen hat sich am Ende gelohnt: Am späten Donnerstagnachmittag stellte das IWC die Weichen, um den kommerziellen Walfang wieder aufzunehmen. Der dänische IWC-Vorsitzende Henrik Fischer hatte vorgeschlagen, das Jagdverbot durch einen Bewirtschaftungsplan mit Auflagen zu ersetzen. Freilich erhielt er dafür die Unterstützung von Japan und Island, für Beobachter völlig überraschend dann aber auch von den USA.

Und so ging am Ende eine Schlussresolution durch, nach der bis zum Treffen im nächsten Jahr in Südkorea Fangkriterien erarbeitet werden sollen. Allerdings wurde eine Formulierung fallen gelassen, nach der auch darüber schon 2005 abgestimmt werden sollte.

Der Leiter der deutschen Delegation, Peter Bradhering, zeigte sich deshalb auch zufrieden: „Hauptsache, das Moratorium ist geblieben.“ Nikolas Entrup von der Whale and Dolphin Conservation Society (WDCS) teilt die Zuversicht nicht: „Das Moratorium kann schon in den nächsten Jahren kippen.“

In der Praxis umgeht Japan das ohnehin schon seit Jahren, indem es den Walfang zu angeblich wissenschaftlichen Zwecken betreibt. Erstmalig hat die IWC zwar nicht grundsätzlich diesenFang kritisiert, aber die Methoden als zu grausam gescholten. Wale leiden allerdings nicht nur unter Japans Harpunen. 300.000 verenden Jahr für Jahr in Fischernetzen. Sie erfassen das Nylon nicht mit ihrem Echolot, erklärt der WWF-Artenschutzexperte Volker Homes. So verheddern sie sich, können zum Luftholen nicht mehr auftauchen – und ertrinken. Der IWC, und das werteten Tierschützer als Erfolg, will nun immerhin nach Lösungen suchen. Erst letzte Woche hatten Kieler Meeresbiologen „reflektive“ Netze präsentiert. Sie enthalten Bariumsulfat, dass die Signale der Tiere besonders gut zurückgibt.

Aufatmen dürfen offiziell aber wohl nur die Wale im Südpolarmeer: Das IWC beschloss, das 1994 eingerichtete Schutzgebiet bis 2014 zu erhalten. Ruhe womöglich auch für die letzten gut hundert pazifischen Grauwale vor der Sachalinküste in Russland: Der Ölkonzern Shell wurde aufgefordert, dort vom Bau einer Bohrinsel und einer Unterwasserpipeline Abstand zu nehmen.