: Kein Nachfolger für Möllemann
Die Deutsch-Arabische Gesellschaft steht unter Druck: Bisher sucht sie vergebens nach einem neuen Präsidenten. Gleichzeitig droht Konkurrenz, denn ihr zurückgetretener Vize Aref Hajjaj gründet mit prominenter Unterstützung ein „Palästina-Forum“
von YASSIN MUSHARBASH
Auch gut zwei Monate nach dem Tod ihres langjährigen Präsidenten Jürgen W. Möllemann hat die Deutsch-Arabische Gesellschaft (DAG) noch keinen Nachfolger für den FDP-Politiker gefunden. „Die Nachfolgefrage ist etwas schwierig“, sagte der Generalsekretär der DAG, Harald M. Bock, im Gespräch mit der taz. „Man muss jemanden finden, der auch nur annähernd so viel Ausstrahlung hat wie Möllemann.“ Zurzeit führt Bock die Geschäfte des etwa 1.100 Mitglieder starken Verbandes. Auf der Homepage der Deutsch-Arabischen Gesellschaft (www.d-a-g.de) ist Möllemann noch immer als Präsident ausgewiesen.
Unterdessen hat der im Mai 2003 wegen Differenzen mit Möllemann und Bock in der Palästinafrage zurückgetretene Vizepräsident der DAG, Aref Hajjaj, Anfang August einen eigenen Verband gegründet und dafür auch Mitglieder der DAG gewonnen. Das „Palästina-Forum“, ein gemeinnütziger Verein, will die Belange der PalästinenserInnen vertreten und die Unterstützung für einen unabhängigen palästinensischen Staat steigern. Für den Beirat des „Palästina-Forums“ sind unter anderem der Islamwissenschaftler Udo Steinbach, Leiter des renommierten Hamburger Orient-Instituts, und Christoph Zöpel, ehemaliger Staatsminister im Auswärtigen Amt und SPD-Bundestagsabgeordneter, vorgesehen.
Zöpel war bis zum vergangenen Sommer in der Deutsch-Arabischen Gesellschaft aktiv gewesen, hatte ihr aber im Zuge der Antisemitismusdebatte um Möllemann den Rücken gekehrt. Hajjaj zufolge hat Zöpel bereits seine Bereitschaft signalisiert, im „Palästina-Forum“ mitzuwirken. Ob dieses Engagement eine Rückkehr Zöpels in die DAG ausschließt, ist unklar. Zöpel, der zurzeit im Urlaub ist, war bis gestern nicht zu erreichen.
Steinbach bestätigte unterdessen der taz, dass er im Beirat mitarbeiten werde. Er wolle parallel aber auch weiterhin Mitglied der DAG bleiben, weil er grundsätzlichen Bedarf für eine solche Gesellschaft erkenne, selbst wenn diese von Bock „miserabel geführt“ werde. Aref Hajjaj, ein in Bonn lebender Politologe palästinensischer Herkunft und bis 1999 langjähriger Mitarbeiter im Auswärtigen Amt, war im Mai 2003 als Vizepräsident zurückgetreten, weil ihm „die Diktion“ der Deutsch-Arabischen Gesellschaft „zu populistisch und emotional und nicht sachlich und objektiv genug“ war. Hajjajs Kritik richtete sich dabei nicht nur an Möllemann, sondern auch an Bock, der als ein ebenso scharfer Kritiker Israels gilt. Auch Steinbach kritisierte im Gespräch mit der taz Bocks einseitige Haltung: „Er äußert sich in einer Weise antiisraelisch, die man in der Öffentlichkeit unterlassen sollte.“
Ernst Joachim Trapp, einer der Vizepräsidenten der DAG, widersprach Behauptungen, die Lage innerhalb der DAG sei „verworren“, und versicherte: „Die DAG wächst, blüht und gedeiht.“ Jeden Tag gebe es neue Mitglieder.
Trapp ergänzte, die DAG wolle sich künftig „etwas freischwimmen von der Ausrichtung auf Politiker“ und habe die Suche nach einem Möllemann-Nachfolger deshalb auch auf wissenschaftliche Kreise ausgedehnt. Namen potenzieller Kandidaten wollten allerdings weder Trapp noch Bock nennen.
Die DAG wurde 1966 gegründet. Ihre Ziele sind der „Ausbau der deutsch-arabischen Freundschaft“ und die „Intensivierung der kulturellen, wissenschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Beziehungen“. Laut Rechenschaftsbericht vom Januar 2003 ist die finanzielle Lage des Verbandes desolat. Möllemann stand der DAG mit kleineren Unterbrechungen von 1981 bis zu seinem Tod am 5. Juni 2003 vor.