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Archiv-Artikel

SPD und Grüne setzen auf Neuwahlen

Eine große Koalition kommt für Olaf Scholz, neben Generalsekretär auch Landesvorsitzender der Hamburger Sozialdemokraten, nicht in Frage

HAMBURG taz ■ Die Hamburger SPD wird sich beeilen müssen. Schon seit Tagen hatten die Sozialdemokraten hinter verschlossenen Türen über ihren Spitzenkandidaten für die nächste Bürgerschaftswahl debattiert, und noch gestern früh kündigte Olaf Scholz, SPD-Generalsekretär und Landesvorsitzender in der Hansestadt, an, die Nominierung schon zum Jahresende vornehmen zu wollen. Jetzt muss der Termin wohl vorgezogen werden.

Schon kurz nach der Entlassung von Innensenator Ronald Schill durch Bürgermeister Ole von Beust forderte der SPD-Generalsekretär Neuwahlen. Der ebenfalls denkbaren Möglichkeit einer großen Koalition von SPD und CDU erteilte er eine klare Absage: „Dazu besteht überhaupt kein Anlass.“ Den gestrigen Tag bezeichnete Scholz als einen „Tiefpunkt der politischen Kultur der Stadt Hamburg“. Ein weiteres Mal habe sich bestätigt, dass der vermeintliche Saubermann Schill „ein Sicherheitsrisiko“ für die Regierung der Hansestadt war. Dass der Innensenator dem Bürgermeister Liebesakte mit dem Justizsenator vorhielt, sei ungeheuerlich. „Der Vorgang“, so Scholz, „verstößt gegen jegliche Regeln des politischen Anstands.“

Kommt es zu Neuwahlen, so sind die Chancen für die SPD gut. Denn die gestrige „Outing-Affäre“ dürfte dem Ansehen des Bürgermeisters deutlich zusetzen. Seit Tagen war bereits darüber spekuliert worden, dass der Regierungschef nach Rückkehr aus seinem Urlaub Schills engsten Mitarbeiter, Staatsrat Walter Wellinghausen, aus dem Amt entlässt. Das alleine hätte sich für sein Image positiv ausgewirkt, von Beust wäre gestärkt aus der Affäre hervorgegangen. Der Bürgermeister musste sich in den vergangenen Monaten immer wieder vorwerfen lassen, dem Treiben der beiden Chefs des Innenressorts schweigend zuzusehen – nur um des Machterhaltes willen. Es lag sogar die Vermutung nahe, dass etliche Details über die Affären Wellinghausens von der CDU an die Öffentlichkeit lanciert wurden. Von Beust hätte so die Chance gehabt, sich als der eigentliche Saubermann Hamburgs zu profilieren.

Doch von Beust hat Schills Neigung, Kritiker zu denunzieren, unterschätzt. So beeilte sich CDU-Fraktionschef Michael Freitag zu retten, was noch zu retten war: Es sei keinesfalls klar, beteuerte er, dass die Koalition platzen werde. Die Schill-Abgeordneten müssten nun überlegen, ob sie „eine erfolgreiche Zusammenarbeit nur wegen einer Personalie beenden wollen“. Auch die FDP will den Koalitionsvertrag „mit einer Partei und nicht mit einer Person“ geschlossen haben und „entsprechend dem Wählerauftrag weitermachen“.

Für die GAL hingegen steht von Beust laut dem stellvertretenden Landesvorsitzenden Jens Kerstan „vor dem Scherbenhaufen seiner Politik“. An Neuwahlen führe kein Weg vorbei. Schließlich habe die CDU bei den Wahlen im Herbst 2001 ihr schlechtestes Ergebnis seit Jahrzehnten erzielt, und die FDP habe nur knapp die Fünf-Prozent-Hürde genommen. „Ohne Neuwahlen würde eine Koalition dem Wählerwillen nicht gerecht.“ Die GAL rechnet sich für den Fall gute Chancen aus, wieder zusammen mit der SPD die Regierung zu übernehmen. „Wir wollen viele Fehler, die in den vergangenen Monaten begangen wurden, korrigieren“. ELKE SPANNER