Tanz ums tote Kalb

Es gibt mal wieder Streit um die Rabenkrähen im Norden: Nachdem ein Vogel ein Galloway-Rind getötet hat, gehen die Bauern wieder auf die Barrikaden

Nordfriesland dpa/taz ■ Landwirt Hans-Christian Christiansen aus Goldelund (Kreis Nordfriesland) traut seinen Augen nicht, als er die Weide zu seinen Galloway-Rindern betritt: Ein gerade geborenes Kalb liegt tot vor ihm, die Augen aufgepickt. Der Amtstierarzt bestätigt: Eine Rabenkrähe hat das Tier getötet. Nun flammt der Streit zwischen Bauern und Umweltschützern erneut auf: Die Rabenkrähe ist ein geschützter Vogel und darf nicht gejagt werden.

„Wir stecken so viel Liebe in die Aufzucht unserer Galloways, und nur weil es eine Überpopulation der Krähen gibt, musste das Kalb sterben“, sagt der Bauer. Etwa 28 Kilo wog das Tier und es war laut Amtsarzt gesund und lebensfähig, bevor es von den Krähen angegriffen wurde.

Vom Kreis Nordfriesland hat Christiansen jetzt die Ausnahmegenehmigung erhalten, zwei Krähen abschießen zu lassen. Kosten für den Landwirt: 26 Euro. Hegeringleiter Kurt Iversen ist für den Abschuss zuständig und muss sich jetzt auf die Lauer legen: „Zwei Krähen, das ist doch ein Witz. Ich weiß nicht, ob ich die Übeltäter erwische.“ Auch er schimpft über den Vogel, der immer wieder Schäden anrichtet: „Sie geht an andere Vogelnester und zerpickt Siloabdeckungen.“

Das Umweltministerium in Kiel sieht das völlig anders. Von einer Überpopulation will der Artenschutzbeauftragte Thomas Gall nichts wissen: „Es gibt jetzt wieder mehr Rabenkrähen in Schleswig-Holstein, und das ist auch gut so.“ Das Tier gehöre zu der Gruppe der Singvögel und ist seit 1986 geschützt.

Thomas Gall glaubt nicht daran, dass das Kalb von Christiansen völlig gesund und lebensfähig gewesen sei. Normalerweise vergingen Krähen sich nicht an gesunden Tieren. Dagegen wiederum erhebtder Bauernverband sein Wort. Immer wieder seien vor allem in Nordfriesland Lämmer attackiert wurden. „Es gibt definitiv eine Überpopulation“, sagt Verbandssprecher Hans-Heinrich von Maydell. Gall weist dagegen darauf hin, dass die Landwirte auf ihre Tiere besser aufpassen müssten: „Sie haben eine Aufsichtspflicht.“

Der Streit um die Krähen geht in die nächste Runde.Andrea Schmidt