: Meersalz macht es der Windkraft schwer
Achtzig Offshore-Windräder müssen an Land nachgebessert werden. Ihre Transformatoren hielten der Seeluft nicht stand. Das Problem kann den Hersteller bis zu 20 Millionen Euro kosten. Doch die Dänen setzen weiter auf den umweltfreundlichen Strom
AUS STOCKHOLMREINHARD WOLFF
Nach nur zweijährigem Betrieb müssen die 80 Windräder der bei seiner Einweihung größten Offshore-Windkraftanlage der Welt kostspielig nachgerüstet werden. Den Transformatoren und Teilen der Generatoren des Windkraftparks Horns Rev vor der dänischen Westküste haben die harten Betriebsbedingungen, vor allem die salzhaltige Luft so zugesetzt, dass es zu Kurzschlüssen kam und sie nun ausgetauscht werden müssen.
Und weil sich gezeigt hat, dass dies an Land einfacher zu machen ist, als in 100 Meter Höhe 15 bis 20 Kilometer weit draußen auf der Nordsee, werden die Rotoren nun nach und nach komplett abgebaut. Bis Herbst hofft die Herstellerfirma Vestas den Austausch abgeschlossen zu haben. Bis dahin wird sich die Betreibergesellschaft Elsam mit einer um 25 Prozent geringeren Elektrizitätsproduktion als geplant abfinden müssen.
Der Pfusch am Bau, denn um einen solchen handelt es sich, wird nicht billig werden für Vestas, den weltweit größten Produzenten von Windkraftanlagen. Denn noch gilt die Garantie. Man hält sich bedeckt, doch rechnen Experten mit zusammen rund 20 Millionen Euro.
Es geht aber auch um den Ruf von Vestas und der ganzen Branche. Gerade die Offshore-Anlagen gelten als zukunftsträchtigstes Geschäft. Und gerade hier machen Probleme deshalb auch schnell Schlagzeilen. Mit Kinderkrankheiten hatte man gerechnet. Doch im Falle Horns Rev scheint es an grundlegendem Informationsaustausch mit Zuliefererfirmen gefehlt zu haben.
Dass Offshore-Windmühlen aggressiver salzhaltiger Luft ausgesetzt sind und deren Generatoren deshalb perfekt abisoliert sein müssen, dürfte eine Binsenweisheit sein. Bei Vestas schiebt man den schwarzen Peter an diesem geradezu peinlichen Detailfehler an die schwedische ABB Power Transformers weiter, welche ungeeignete Transformatoren geliefert habe. Dort ist man angesichts eines vermutlich heraufziehenden juristischen Schadenersatzstreits offiziell zu keiner Stellungnahme bereit, doch angeblich soll ABB gar nicht gewusst haben, für welchen Einsatz die Transformatoren genau bestimmt gewesen waren.
Nun hat Siemens den Auftrag für die neuen Transformatoren bekommen. Vermutlich geht man bei Vestas davon aus, dass die Deutschen die Lektion mit der salzhaltigen Luft mittlerweile gelernt haben. Es waren nämlich deren Generatorenteile, welche vor drei Jahren im Windkraftpark Middelgrunden im Öresund nach nur achtmonatigem Betrieb ähnliche Probleme bekamen.
Außerdem hat die dänische Energiebehörde reagiert und eine Arbeitsgruppe beauftragt, aufgrund dieser Erfahrungen die Einzelheiten des Genehmigungsverfahrens für den Bau neuer Anlagen durchzugehen. Damit solche offenbar ganz unnötigen Schwierigkeiten mit unzureichend angepasster Technik von vornherein vermieden werden können.
Die Probleme bei Middelgrunden und Horns Rev haben nämlich den dänischen Glauben an die Zukunft der Offshore-Windkraft nicht trüben können: Kürzlich einigte sich eine breite Parlamentsmehrheit auf einen ehrgeizigen Ausbauplan. In den nächsten fünf Jahren soll die Windkraft mit 750 Megawatt aufgestockt werden. Davon entfallen allein 400 Megawatt auf zwei große neue Offshore-Anlagen, in die umgerechnet rund 600 Millionen Euro investiert werden sollen. Eine in der Nordsee bei Horns Rev und eine zwischen den Ostseeinseln Seeland und Lolland.
Gleichzeitig sollen 900 alte und kleine Windräder durch 175 neue Anlagen ersetzt werden. Windkraft soll bis 2010 ein Viertel des dänischen Strombedarfs decken. Heute sind es 20 Prozent.