OFF-KINO
: Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

Die Berlinale ist vorbei, und einmal mehr dominierten die Filme mit politischen und sozialen Anliegen. Klar, die Welt ist schlecht und verbesserungswürdig – aber glauben die Filmemacher wirklich, dass die Zuschauer ihr sauer verdientes Geld dafür ausgäben, sich im Kino von irgendwelchen Thesenfilmen deprimieren zu lassen? Mir scheint, die sollten sich in diesem Zusammenhang lieber alle mal „Sullivan’s Travels“ (1941) ansehen: In der Satire von Preston Sturges setzt sich Musical-Regisseur Sullivan (Joel McCrea) nämlich in den Kopf, einen sozialkritischen Film über das Elend der Menschen zu drehen: „Krassester Realismus!“ Nachdem seine Produzenten vergeblich versucht haben, ihn lieber zu einem Remake des Erfolgsmusicals „Sand im Getriebe von 1939“ zu bewegen, stellen sie ihm die entscheidende Frage: „Was weißt du denn eigentlich von Armut?“ Tja, da muss Sullivan nun leider gänzlich passen, jedoch kommt ihm sogleich eine glänzende Idee: Aus dem Kostümfundus werde er sich die Kleidung eines Tramps besorgen und mit nur zehn Cents in der Tasche auf Walze gehen. Alsbald hilft ihm also der Kammerdiener in die vergammelte Jacke, und das Studio schickt dem Starregisseur gleich noch einen ganzen Bus hinterher, mit Arzt, Koch, Sekretärin und einem Presseagenten, der Sullivans Trip werbeträchtig ausschlachten soll. Armut de luxe gewissermaßen. So weit ist das alles überaus lustig, doch schließlich wartet der Film in einer etwas melodramatischen Wendung mit seiner tatsächlichen Moral auf: Als Sullivan wegen Landstreicherei zu sechs Jahren Zwangsarbeit verurteilt wird, weil er seine Identität nicht beweisen kann, lernt er doch noch Armut und harte Arbeit kennen und muss angesichts eines Mickey-Mouse-Cartoons, der den Gefangenen vorgeführt wird, feststellen, dass die Menschen in aller Regel vom Kino nur Ablenkung und Unterhaltung erwarten – denn die Armen wissen bereits alles über die Armut.

Ganz ohne Sozialkritik kommt auch „Die Ritter der Tafelrunde“ (1953) aus. Stattdessen wartet die in England hergestellte opulente MGM-Produktion einfach nur mit einem unterhaltsamen Ritterspektakel in Farbe und Scope sowie mit guten Schauspielern in ziemlich bunten Kostümen auf. Recht frei nach der Sage von König Arthur kommt es am Hof von Camelot zu verbotenen Lieben, Loyalitätskonflikten und Intrigen des bösen Modred. Kinderkram ist das übrigens – trotz Nachmittagsprogramm – nicht.

Unter dem Titel „Alfred Hitchcock und seine Werkstatt“ zeigt das Filmmuseum zurzeit eine hübsche Ausstellung, die den Schwerpunkt auf die oft etwas vernachlässigte Zusammenarbeit des Meisterregisseurs mit seinen Mitarbeitern legt. Als ein Beispiel im Bereich Ton und Musik zeigt das Arsenal begleitend zur Ausstellung Hitchcocks Horrorthriller „The Birds“ (1963), der ohne die von Oskar Sala am Mixturtrautonium geschaffenen elektronischen Klänge gar nicht denkbar wäre: Nur dank Sala machen die Vögel diesen völlig infernalischen Krach, der Melanie (Tippi Hedren) und Mitch (Rod Taylor) so terrorisiert – und den Zuschauer gleich mit.

LARS PENNING

„Sullivan’s Travels – Sullivans Reisen“ (OF), 22. 2., im Arsenal 2

„Knights of the Round Table“, 21.–22. 2., im Arsenal 1

„Die Vögel“ (OF), 21. 2., im Arsenal 2