: Sommer macht Motte nass
Der Kastanienkiller Miniermotte ist auf dem Rückzug. Dank feuchten Wetters schlüpfen viel weniger Schädlinge als im Vorjahr. Profitiert hat die Blattlaus. An der wiederum laben sich die Wespen
VON OLIVER TRENKAMP
Millionen Eltern vernachlässigen derzeit ihren Nachwuchs wegen des schlechten Wetters. Die Eltern brauchen all ihre Energie, um bei der Kühle und Nässe am Leben zu bleiben. Die ordentliche Vermehrung bleibt dabei auf der Strecke. Die Rede ist von der Rosskastanien-Miniermotte. Die Population des Schädlings ist in diesem Sommer stark zurückgegangen. Die Berliner Kastanie scheint gerettet.
Noch im heißen Sommer 2003 waren vier Generationen des Schädlings unterwegs, dieses Jahr sind es nur noch zwei bis drei. „Die Motte vermehrt sich langsamer“, sagt Barbara Jäckel vom Pflanzenschutzamt. Dementsprechend weniger Viecher flogen in Fallen von Wissenschaftlern: Blieben im letzten Jahr noch mehr als 3.000 Motten hängen, lag der Höchstwert diesmal bei 783. Das herbstliche Wetter trägt am meisten zum Rückgang des Kastanienkillers bei. Doch für die engagierten Laubsammler des letzten Herbstes gibt es einen Trost: „Wo gesammelt wurde, gab es einen geringeren Anfangsbefall“, so Jäckel. Das Amt hatte unter dem Motto „Motten stoppen, Laub sammeln“ zu Sammelaktionen aufgerufen, weil die Mottenlarven im Laub überwintern.
Die Miniermotte befällt vor allem die 48.000 weiß blühenden Kastanien der Stadt. Mittlerweile wurde sie aber auch an Ahornbäumen gesichtet. Die nimmersatten Larven fressen sich durch die Blätter. Dadurch verbräunen diese und fallen frühzeitig ab. Die Bäume sind geschwächt und anfälliger für Krankheiten.
Derzeit werden verschiedene Methoden getestet, der Motte zu Leibe zu rücken – darunter sogar homöopathisches Besprenkeln der Bäume mit „energetisiertem Wasser“. Im Rahmen eines EU-Forschungsprojektes werden derzeit auch Insektizide getestet. Die Versuche werden 2006 abgeschlossen und ausgewertet sein. Über die Erfolge lasse sich erst dann etwas sagen, so Jäckel. Insgesamt stehen Berlin für die Versuche etwa 800.000 Euro zur Verfügung.
Ein Schädling hat jedoch massiv von dem schlechten Wetter profitiert: die Blattlaus. Sie verträgt gemäßigtes Klima wesentlich besser als ihre natürlichen Feinde, wie zum Beispiel der Marienkäfer. Dadurch kam es zu Beginn des Sommers zur Plage.
Auch die Wespe ist momentan besonders aktiv. Eine Wespenplage gebe es aber nicht, so Jäckel. Wespen bevorzugen ebenso wie die Miniermotte warmes und trockenes Klima. Schädlingsbekämpfer haben trotzdem viel mit den gelb-schwarz gestreiften Insekten zu tun. Bei der Firma Mara heißt es: „Die Wespen halten uns so auf Trab, dass wir überhaupt keine Zeit haben.“ Auf Balkonen und in Biergärten beklagen sich Gäste, in einigen Kitas wurde den Kindern verboten, draußen zu essen.
Hinzu kommt, dass Blattläuse eine Hauptnahrungsquelle für einige Wespenarten sind. Große Wespenvölker können pro Tag ein halbes Kilogramm Insektenfleisch für die Fütterung ihrer Larven erbeuten. Die Blattlausplage und der relativ milde Winter haben den Wespen also äußerst gut getan.
Der Zoologe Burkhard Schricker von der Freien Universität sagt jedoch: „Wir haben genauso viele Wespen wie in jedem durchschnittlichen Sommer.“ Die Leute seien nach dem Sommerurlaub einfach nur erstaunt, wie groß die Nester geworden seien.
Schädlinge sind eben auch nur Berliner: Den einen gefällt das Wetter, den anderen nicht.