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Archiv-Artikel

berliner szenen Danach ist prima

Bis auf die Pisse

Es ist ja wie bei so vielem: Weil Schwimmen gesund ist, geht man schwimmen, und sobald man im Becken ist, denkt man: Ist mir langweilig! Man weiß natürlich: Danach ist prima, nur jetzt sind’s halt noch zwanzig Bahnen.

Fast alle schwimmen zwanzig Bahnen. Rauf und runter. Am einen Ende die Arschbomben, am anderen Ende die Spätnachmittagssonne. Manchmal eine Bahn kraulen wegen der Abwechslung. Kraulen ist anstrengender, also weniger langweilig, andererseits aber noch langweiliger, weil man nichts sieht. Das Zählen nervt. Der Impuls geht dahin, die Schwimmstöße zu zählen. Während das eine Gehirn automatisch die Schwimmstöße zählt, verzählt sich das andere bei den Bahnen.

Am Beckenrand hat ein Junge einem anderen wegen einem Mädchen eine reingehauen. Der eine liegt, der andere steht, ein Bademeister schimpft. Zwei Bahnen später ist der, der am Boden gelegen hatte, schon weg und das Mädchen streitet sich mit dem groben Jungen. Zwei Bahnen später knutschen die da herum. Empörend!

Petra lernt Vokabeln beim Schwimmen. Sie beginnt mit A, denkt an englische Wörter, die mit A beginnen: asshole, anger, anxiety, avalanche, balls, boredom … pussy, penis, penetration. Haha! Harry versucht, sich ein Problem vorzuknöpfen oder in Trance zu fallen. Es gibt da so einen Punkt, ab dem alles irgendwie automatisch abläuft. Gleichzeitig hat man plötzlich Hintergrundkopfschmerzen und es wird kühler oder es ist sowieso etwas zu viel Chlor im Wasser, und in Verbindung mit der Pisse, die die Leute automatisch absondern, entsteht dann ja irgend so ein Stoff, der giftig sein soll. Vom Becken aus gesehen ist die Badeanstalt im August aber am schönsten. DETLEF KUHLBRODT